Bochum-Weitmar. Schon fünf Senioren des Heinrich-König-Zentrums in Bochum-Weitmar sind am Coronavirus gestorben. Für alle Beteiligten eine beklemmende Situation.

Die Situation mutet ein wenig unwirklich an. Von außen ist so gut wie nichts davon zu spüren, welches Drama sich derzeit im Heinrich-König-Zentrum in Bochum-Weitmar abspielt. Alles scheint wie immer. Dabei sind inzwischen fünf Bewohner des Seniorenheims der Arbeiterwohlfahrt (Awo) am Wabenweg am Coronavirus gestorben.

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Hinein kommt niemand. Es herrscht absolutes Besuchsverbot. Angehörigen bleibt nur das Telefon und – je nach Lage der Zimmer – Blickkontakt mit den Bewohnern. Eine Frau steht gerade auf dem Parkplatz und tippt eine Nummer in ihr Handy. „Eine Bekannte von mir lebt hier“, sagt sie. „Ihr habe ich gerade neue Kleidung und Pflegemittel gebracht. Jetzt rufe ich sie an, um zu hören, wie es ihr geht. Gesehen haben wir uns seit zwei Wochen nicht. Ich bin in großer Sorge.“

Das Schild an der Eingangstür des Heinrich-König-Seniorenzentrums in Bochum-Weitmar weist auf das generelle Besuchsverbot hin.
Das Schild an der Eingangstür des Heinrich-König-Seniorenzentrums in Bochum-Weitmar weist auf das generelle Besuchsverbot hin. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Zu der betroffenen Wohngruppe mit neun Corona-Infizierten und nun fünf Verstorbenen zählt diese Bekannte nicht. Die 25 Bewohner dort befinden sich in einem gesonderten Quarantäne-Wohnbereich. Als Vorsichtsmaßnahme dürfen sämtliche Bewohnerinnen und Bewohner die Zimmer nicht mehr verlassen. Hauswirtschaftskräfte betreten die Wohnbereiche nicht mehr, die Mahlzeiten werden in Einmalgeschirr serviert.

Mitarbeiter verhindert unerlaubten Zutritt

Wäsche der Infizierten wird separat gesammelt und in einem besonderen Verfahren an die Reinigungsfirma gegeben. Handläufe, Türklinken, Schalter von Aufzügen Lichtschalter etc. werden mehrfach täglich desinfizierend gereinigt. Am Eingang des Seniorenzentrums ist ein Mitarbeiter im Einsatz, um nicht zwingend notwendige Zutritte ins Seniorenzentrum zu verhindern. Alle Mitarbeiter, die im Seniorenzentrum Dienst haben, werden wöchentlich auf das Virus getestet.

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Über die aktuelle Situation reden möchte niemand aus dem Heinrich-König-Zentrum. Eine Pflegerin, die auf einem Balkon gerade eine Zigarettenpause macht, lässt zumindest durchblicken, dass es dem Pflegepersonal – insgesamt 120 Mitarbeitende – gut gehe und man ausreichend mit Schutzkleidung- und -materialien versorgt sei.

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Offiziell zu Wort meldet sich der Awo-Bezirksverband Westliches Westfalen. „Wir trauern um die Menschen, die in unserer Einrichtung an den Folgen der Corona-Infektion gestorben sind. Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen“, so Michael Scheffler, Vorsitzender des Awo-Bezirksverbandes. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort in den Seniorenzentren geben ihr Bestes, um die Menschen zu schützen. Ihnen zollen wir unseren größten Respekt“, ergänzt Bezirksgeschäftsführer Uwe Hildebrandt.

HKZ hat Priorität

Der Awo-Bezirksverband Westliches Westfalen betreibt in Bochum vier stationäre Pflegeeinrichtungen: das Frieda-Nickel-Seniorenzentrum in Langendreer, das Rosalie-Adler-Seniorenzentrum in Dahlhausen, das Seniorenzentrum in Werne und eben das Heinrich-König-Seniorenzentrum (HKZ) in Weitmar, das aktuell über 108 Plätze verfügt, von denen 100 Plätze belegt sind.

„Das größte Problem ist die ausreichende Verfügbarkeit von Schutzmasken für die Beschäftigten. Pro Woche haben wir einen Bedarf von rund 60.000 Stück für alle unsere Seniorenzentren. Das Heinrich-König- Seniorenzentrum wird aktuell natürlich von uns mit besonderer Priorität versorgt“, sagt Awo-Sprecher Jörg Richard.

Die fünf Todesfälle im HKZ sind aktuell die einzigen in allen 59 Seniorenzentren des Awo-Bezirksverbandes.

„Die Angehörigen der positiv getesteten Menschen werden von uns informiert und werden fortlaufend über den Gesundheitszustand in Kenntnis gesetzt“, teilt Awo-Sprecherin Katrin Mormann mit. Die Bewohner verstünden die Vorsichtsmaßnahmen, seien aber traurig, weil die familiären Kontakte fehlen. „Zudem können die Menschen in der Einrichtung ihre Freundschaften und Kontakte untereinander nicht mehr pflegen.“

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Auch die Nachbarn vom Wabenweg bekommen das Drama im Heinrich-König-Zentrum mit. Barbara Höhl wohnt direkt gegenüber, ganz oben, und hat von ihrer Küche aus das Altenheim gut im Blick. „Ich kriege natürlich mit, wenn der Krankenwagen anhält und länger als sonst dort steht. Und wenn schon wieder ein Totenwagen in die hintere Einfahrt biegt. Schrecklich.“ Höhl besucht öfter die Cafeteria des Seniorenzentrums und kennt auch einige Bewohner. „Ein traurige Zeit ist das. Hoffentlich haben wir das bald überstanden.“

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