Bochum/Hattingen. Die zwei Angeklagten, die einen E-Scooter auf die A40 in Bochum geworfen haben sollen, wurden in Fußfesseln vorgeführt. Anklage: versuchter Mord.
Die beiden Angeklagten werden diesmal an Ketten in den Gerichtssaal geführt. Von jeweils drei Wachtmeistern.
Der 18-jährige Bochumer und der 22-jährige Hattinger (U-Haft) sind wegen versuchten Mordes angeklagt, weil sie im Alkoholrausch, einfach nur so, einen 25 Kilo schweren E-Scooter auf die A40 geworfen haben sollen.
Die Ketten sind Fußfesseln. Weil die Angeklagten am Mittwoch, dem zweiten Prozesstag, von der JVA ausnahmsweise nicht durch interne Gänge, sondern über den öffentlichen Gerichtsflur in den Verhandlungssaal geführt werden, hat sich die Justiz zu dieser besonderen Sicherheitsmaßnahme entschlossen.
Roller wurde blind über die Wand auf die A40 geworfen
Am 29. September 2019 gegen 20.40 Uhr (Montag) hatten die beiden Freunde laut Anklage den E-Leihroller auf der Fußgängerüberführung „Grummer Deckel" nahe Ruhrstadion auf eine zwei Meter hohe Wand gewuchtet und losgelassen. Acht Meter tief stürzte das Fahrzeug in den fließenden Verkehr, auf die Fahrbahn Richtung Dortmund direkt an der Tunneleinfahrt. Vier Autos fuhren über den Roller und wurden großteils erheblich beschädigt.
Äußerlich verletzt wurde keiner, alle Fahrer hatten aber wegen der Sachschäden enorme Probleme. Staatsanwalt Danyal Maibaum wirft den Angeklagten vor, „zumindest billigend in Kauf genommen“ zu haben, dass jemand stirbt. Die beiden haben den Roller sozusagen blind über die Mauer auf die Autobahn geworfen, hieß es vor der 3. Strafkammer.
"Der Kopf war einfach aus", sagt ein Angeklagter über die Tat
Der 22-Jährige sagte über das Verbrechen: „Der Kopf war einfach aus.“ Er gibt alles zu. Der 18-Jährige erklärt, sich nicht an die Tat erinnern zu können. Er bestreitet eine Täterschaft aber auch nicht ab und will dafür geradestehen. Er soll die Idee zu der Tat gehabt haben.
Ein Autobahnpolizist sagte am Mittwoch, dass es nur „Glück“ gewesen sei, dass der Roller nicht direkt auf ein fahrendes Auto gefallen sei. Alle vier beschädigten Pkw fuhren damals unmittelbar nach der Tunneleinfahrt rechts ran, während der Roller auf dem linken Fahrstreifen liegenblieb. Es hätte Tote geben können. Der Verkehr war auch am Abend stark.
Gericht erwägt, mit den Angeklagten zur A40 zu fahren
Zur Spurensicherung hatte die Staatsanwaltschaft den Tunnel an einem späteren Tag anderthalb Stunden sperren lassen. Das Gericht erwägt, zur besseren Einschätzung der Verhältnisse am Tatort einen Ortstermin an der A40 zu machen, mit den Angeklagten. Sie hätten gewusst, wie gefährlich der Wurf war, heißt es in der Anklage. Ein Polizist (41) sagte am Mittwoch über den Grummer Deckel: „Man nimmt den Fahrzeugverkehr deutlich wahr.“
Die Corona-Krise äußert sich auch in dieser Hauptverhandlung. Die fünf Richter sitzen mit auffallend großem Abstand auseinander. Dokumente und Beweismittel wegen möglichst nicht überreicht, sondern nur vorgezeigt. Im sonst stark frequentierten Sitzungstrakt des Justizzentrums wirkt überwiegend Leere, weil nur noch derjenige erscheinen soll, der unbedingt muss.
Ein Urteil ist Ende März geplant.