Bochum. Das Coronavirus könnte den Prozess um den Raubmord in Bochum-Hordel weiter in die Länge ziehen. Ein DNA-Gutachterin befindet sich in Quarantäne.
Wegen des Coronavirus könnte sich der Prozess um den Raubmord in der Kappskolonie in Bochum-Hordel weiterhin deutlich verzögern.
Eine Sachverständige sollte am kommenden Freitag ein Gutachten zu der Frage erstatten, ob der 37-jährige Hauptangeklagte DNA-Spuren an der mit Klebeband gefesselten Leiche hinterlassen hat oder nicht. Die Gutachterin ist aber zurzeit in Oberitalien, wo das Virus besonders verbreitet ist, oder war bis vor kurzem dort. Jedenfalls muss sie in Deutschland 14 Tage in Quarantäne bleiben.
Der Prozess sollte bereits vor Monaten abgeschlossen sein
Das Schwurgericht teilte am Montag mit, dass ein Vertreter das bereits fertige Gutachten vortragen soll. Ob das aber die Verteidigung des betroffenen Angeklagten akzeptiert, ist zweifelhaft, denn das Gutachten kann für die Höhe einer zu erwartenden Frage enorm wichtig sein. Ohnehin hat sich der Prozess wegen der schwierigen Beweislage bereits um mehrere Monate verzögert. Beide Angeklagten sind nur teilweise geständig.
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Am 4. Februar soll der Angeklagte zusammen mit einem in Polen in Haft einsitzenden Mittäter in das Haus eines 68-jährigen Kompanieführers eines Schützenvereins eingebrochen und ihn so massiv geknebelt haben, dass er qualvoll erstickte. Neben dem 37-Jährigen sitzt auch ein 24-jähriger Mann auf der Anklagebank. Er soll laut Anklage nicht mit im Haus, sondern nur der Fahrer für die beiden Hauptverdächtigen gewesen sein. Das aber wird jetzt durch einen ganz neuen Zeugen überraschend in Zweifel gezogen.
Häftling fertigt heimlich Dossiers von Mitgefangenen an
Vor einem Monat hatte sich der Mann beim Schwurgericht gemeldet und ein schriftliches Dossier angeboten, das er über den 24-jährigen Angeklagten in der JVA Bochum heimlich gefertigt hatte. Er saß bis zum 12. Februar ebenfalls als Häftling in der JVA Bochum ein und hatte sich mit dem 24-Jährigen mehrfach unterhalten, wie er sagte. Auch über den Raubmord und den Prozess. Dabei habe der Angeklagte, so der Zeuge, erklärt, dass er keineswegs nur der Fahrer, sondern auch mit den anderen zwei Tätern im Haus gewesen sei und auch Beute gemacht habe. Der 24-Jährige soll einen Tipp bekommen haben, dass in dem Haus viel zu holen sei und dann die anderen zwei zum Tatort mitgenommen. Allerdings: „Er hat gesagt, die Sache hatte sich nicht gelohnt.“
In der JVA, sagte der Ex-Häftling, würden die Gefangenen mit ihren Straftaten „protzen“. „Sie duellieren sich damit.“ Er habe die Aussagen des 24-Jährigen dann heimlich zu Papier gebracht, nach bestem Wissen und Gewissen, und gedacht, dass das Gericht daran „vielleicht Interesse“ habe.
„Wenn man zusammen Mist baut, sollte man auch dafür geradestehen“
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Der Richter fragte den Zeugen, aus welchem Motiv heraus er seinen ehemaligen Mitgefangenen jetzt so schwer belaste. Antwort: „Wenn man zusammen Mist baut, sollte man auch dafür geradestehen. So habe ich das immer gemacht.“ Auch er selbst habe schon „die eine oder andere Haftzeit“ hinter sich.
Einen persönlichen Vorteil im Strafvollzug habe er durch seine belastende Aussage nicht gehabt, meinte der Zeuge. Allerdings räumte er ein, dass er bereits über vier weitere Gefangene so ein Dossier angelegt habe. Jetzt prüft das Gericht, ob der Mann glaubwürdig ist oder nicht.
Handys und Alkohol in der JVA Bochum
Der Zeuge machte auch generelle Angaben zum Haftalltag: dass es in der JVA viele Handys in der Größe eines Feuerzeugs gebe, die enorm gefragt seien und dass Häftlinge sich in der Küche „nicht selten“ einen Aufgesetzten herstellten. Mit etwa 15 Prozent Alkoholgehalt. Auch zu Einbrüchen sagte er etwas: „Die meisten Einbrüche folgen auf Tippgeber.“ Sogar „Putzfrauen“ würde zu diesem Zweck losgeschickt, um lohnende Objekte zu finden.
Am 18. März sollten eventuell die Plädoyers gehalten werden. Dieser Termin wackelt wegen des Coronavirus aber bedenklich.