Bochum. Im Schlieker-Haus in Bochum stellen sich sechs Künstlerinnen und Künstler vor. Ihre Arbeiten entstanden an einem besonderen Ort am Niederrhein.
„Kunst geschieht“ ist der Titel der neuen Ausstellung im Schlieker-Haus in Bochum. Zu sehen sind Arbeiten, die Mitglieder des Bochumer Künstlerbundes während eines Studienaufenthalts in Bedburg-Hau erstellt haben. Was dabei „an Kunst geschah“, kann sich sehen lassen: Es sind sehr unterschiedliche Werke, denen dennoch die Örtlichkeit am Niederrhein als Klammer dient.
Termine & Öffnungszeiten
„Kunst geschieht“ ist bis zum 19. April im Schlieker-Haus, Paracelsusweg 16, zu sehen. Öffnungszeiten: Samstag, Sonntag, Mittwoch von 15 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung (0234 978 95 11). Eintritt frei.
Am Mittwoch, 1. April, um 19.30 Uhr gibt es in der Ausstellung eine szenische Lesung der „Lauten Vertrauten“. Regine Anacker, Karin Osbelt und Jörg Karweick präsentieren Texte zum Thema „Im Rausch - Literatur geschieht“.
Am selben Abend stellt Galeristin Claudia Schlieker-Buckup auch den zur Ausstellung erscheinenden Katalog vor.
Denn Bedburg-Hau ist nicht irgendein Künstleratelier:
Kunstlabor liegt neben der Landesklinik
Tatsächlich liegt das seit 25 Jahren existierende „ArToll Kunstlabor“ direkt neben dem Gelände der psychiatrisch-forensischen Landesklinik, die Werkstätten der dort temporär weilenden Künstler/innen befinden sich in ehemaligen Zimmern der „Abteilung für halb unruhige Frauen“. Es sind eher Zellen denn geräumige Kemenaten, und die Atmosphäre des aus den 1910er Jahren stammenden Altbaus ist durchaus speziell. Die beklemmende Geschichte dieser einst größten „Irrenanstalt“ des Landes ist den Gebäuden in jedem Stein, in jeder Türfassung eingeschrieben.
Gemeinsame Arbeitswoche in Bedburg-Hau
Gerade dieses eigentümlich Setting hat die sechs Künstlerinnen und Künstler zu ihrem Aufenthalt ermuntert und inspiriert. Im Schlieker-Haus werden nun die Ergebnisse dieser im letzten Jahr absolvierten, gemeinsamen Arbeitswoche präsentiert. Zu sehen sind Kunstwerke von Claudia Karweick, Gabi Moll, Karin Pietzka, Doris Trzaska, Werner Ryschawy und Daniela Werth.
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Sie erfuhren die weitläufige Gegend und die Wohnanlage bei der Landesklinik als starken, aber auch verwunschenen Ort. Gefühle der Verlorenheit, die scheinbare Nähe der „Geister der Vergangenheit“ in den alten Räumen und nicht zuletzt der durchdringende Ruf der Kleinohreule in der Nacht sorgten für eine wenn schon nicht schaurige, so doch nicht alltägliche Inspiration. Niemand konnte sich der eigentümlichen Aura des Ortes entziehen, jede/r hat sie individuell in die jeweiligen Arbeiten einfließen lassen.
Skurrile Fundstücke von altem Minigolf-Platz
So fing Karin Pietzka anhand skurriler Fundstücke und auf hochästhetischen Polaroid-Fotos das Geheimnisvolle ein, das einen alten Minigolf-Platz in der Nähe ausmacht. Doris Trzaska hielt die Suche nach „ihrem Platz“ in der abgelegenen Örtlichkeit farblich akzentuiert auf wie gehuscht wirkenden Zeichnungen fest. Gabi Moll gestaltete zwei monochrome Tafelbilder und eine Reihe eindringlicher, zwischen figürlich und abstrakt changierender Schwarzweiß-Kompositionen.
Verschachtelte Perspektive als Hingucker
Werner Ryschawys Drahtgeflecht-Objekte, die dreidimensional Wände und den Raum erobern, wirken vor allem durch ihre verspielt-verschachtelten Perspektiven.
Unmittelbar erscheinen dagegen die teils großformatigen Arbeiten von Claudia Karweick und Daniela Werth. Karweick suchte die Verortung mit dem „ArToll“ in Wort, Schrift und im Geschehenlassen des künstlerischen Prozesses, was sich in kraftvollen Graphit-Arbeiten auf Papier, manifestiert: Sie drücken sowohl dynamische Bewegung als auch stilles Innehalten aus.
Organische Formen wie von Insekten
An organische Formen erinnern die Motive in Daniela Werths 190 x 90 cm großen Bildern: Tatsächlich nahm sich die Künstlerin jene Insekten zum Vorbild, die sie als morgendliche „Fundstücke“ in ihrem Atelier entdeckte. Ohne nachahmend zu wirken, sind diese auf Polyesterfolie verewigten braun-dynamischen Formenspiele zugleich Abbild und Symbol der in Bedburg-Hau vorgefundenen Welt. Stark!
Betrachter sollte Muße für die Ausstellung mitbringen
„Kunst geschieht“ bietet somit eine Vielzahl an empfindsamen und kreativ umgeformten Eindrücken, denen der rasche Blick im Vorübergehen nicht gerecht würde. Vielmehr ist beim Betrachter Muße gefragt, es sind die Details der Vielschichtigkeit, die die Ausstellung lohnenswert machen.
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