Bochum-Linden. Investor will auf einer Landwirtschaftsfläche Häuser für junge Familien in Bochum-Linden bauen. Anwohner gründen dagegen eine Bürgerinitiative.
Im Stadtteil regt sich der Widerstand gegen das Neubauprojekt „Hattinger Straße/Hinter der Kiste“. Auf einer bislang landwirtschaftlich genutzten Fläche will der Investor Wilma Immobilien GmbH Häuser für junge Familien bauen. Nicht nur in der Politik wird das Projekt kontrovers diskutiert; inzwischen hat sich eine Bürgerinitiative gegründet.
Der Ratinger Konzern hat das Gelände im vergangenen Jahr erworben. Vorgesehen sind dort 47 Ein- und zwei Mehrfamilienhäuser im gehobenen Preissegment. Baubeginn soll 2023 sein. Wilma-Projektmanager Andreas Häcker hat auf Anfrage der WAZ erklärt: „Das Bebauungsplanverfahren steht noch ganz am Anfang.“ Auf der fast zwei Hektar großen Fläche waren Vermessungsarbeiten im letzten Sommer erfolgt. Häcker: „Die Arbeiten waren nötig als Planungsgrundlage. Zudem haben wir Bohrarbeiten zur Bergschadensuntersuchung angeordnet.“
Ralf Kleinmax und Reimund Kröger engagieren sich in der Bürgerinitiative: „Unter den Anwohnern herrscht bereits seit längerem große Sorge, dass das angedachte Bauvorhaben auf dieser Freifläche sich nachteilig auf den Stadtteil auswirken wird.“
Initiative lädt zur Info-Veranstaltung
Die Bürgerinitiative „Hinter der Kiste“ veranstaltet einen Informationsabend zum geplanten Wohnbauprojekt.
Sie lädt ein am Dienstag, 3. März, in Gabys Café im Augusta-Seniorenheim, Kesterkamp 20. Beginn ist um 19 Uhr.
Die Nachbarn argumentieren vor allem mit Klima- und Naturschutz und wenden sich in einem Informationsflyer an die Lindener Bürger: „Das potenzielle Bebauungsgebiet grenzt direkt an ein Landschaftsschutzgebiet. Die Fußwege am Rand des Feldes werden von vielen Spaziergängern und Hundebesitzern als Naherholungsgebiet genutzt. Es ist Lebensraum für viele Vögel, Fledermäuse und Wildtiere.“
Die Initiative hat sich vor gut einem Monat gegründet. Reimund Kröger: „Wir bestehen überwiegend aus Lindener Anwohnern der unmittelbaren Nachbarschaft. Zudem sind wir gerade dabei, Unterschriften gegen das Bauvorhaben zu sammeln.“ Er findet, es gebe in Bochum genug versiegelte Flächen, auf denen gebaut werden könnte. „Da muss man keine Freiflächen nutzen.“
Vor 14 Tagen erneut Messungen
Die Nachbarn, so erzählt er, waren im letzten Sommer auf die Pläne aufmerksam geworden, nachdem sie die Vermessungsarbeiten auf dem Acker beobachten konnten. „Vor 14 Tagen wurde erneut vermessen, dort, wo künftig das Gelände von der Hattinger Straße erschlossen werden soll.“ Aktuell passiere aber nichts mehr auf dem Gelände.
Durch die geplante Baumaßnahme des Investors werde es zu ökologischen und klimatischen Auswirkungen und Belastungen für Mensch, Tier und Natur kommen. Zur Anbindung an die Hattinger Straße müssten zahlreiche Bäume gefällt werden, welche Vögel und Fledermäuse beheimaten. Nach Fertigstellung der Wohnbebauung sei zusätzlich zum erhöhten Lärm- und Emissionsaufkommen auch die verkehrstechnische Anbindung für den weiteren Umkreis äußerst problematisch.
Soziale Liste gegen Bauvorhaben
Die Soziale Liste spricht sich gegen die Baumaßnahme Hattinger Straße / Hinter der Kiste aus und fordert erneut die Erhaltung der Grünflächen. Insbesondere verurteilt sie, dass aktuell erneut vorbereitenden Baumaßnahmen in Form von Vermessungsarbeiten stattfanden.
Das kommunale Wahlbündnis kritisiert diese Maßnahmen, die „durch die Hintertür vollendete Tatsachen schaffen sollen. Bisher hat es auch keine umfassenden Informationen der kommunalen Gremien gegeben, auch nicht der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Angesicht des Klimawandels sind Frischluft-Schneisen und unversiegelte Flächen lebensnotwendig für unsere Stadt. Auch die Vernichtung von weiterem wertvollem Ackerboden darf nicht stattfinden“.
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Die Bezirksvertretung Südwest befasste sich in ihrer jüngsten Sitzung im Januar mit dem Bauprojekt, nachdem die Soziale Liste eine Anfrage an den Rat gestellt hatte. Damals haben auch die Grünen im Gremium das Bauvorhaben kritisch hinterfragt.
Die Fraktion im Bochumer Südwesten erklärt: Auf der aktuell erstellten Bodenfunktionskarte der Stadt Bochum werde der Bereich „Hinter der Kiste“ als wertvoller Boden klassifiziert. Bezirksvertreterin Monika Engel: „Eine Versiegelung durch Bebauung der Fläche hat zur Folge, dass dem Boden seine wertvolle Funktion entzogen und so zu einer Verschlechterung des Stadtklimas beigetragen wird. Den Klimawandel in Bochum ernst nehmen heißt aber, Bauvorhaben zu überdenken, wenn neue Erkenntnisse, wie hier die aktuelle Bodenfunktionskarte, vorliegen.“
Öffentlichkeit nicht beteiligt
Das „Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung“ stößt sich daran, dass die Öffentlichkeit vor Aufnahme des Areals in das Wohnbauflächenprogramm nicht informiert worden ist. Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt: „Baubeginn soll nicht vor 2023 sein. Es würde also durchaus noch eine Chance für einen – wenn auch verspäteten – Dialog bestehen.“