Bochum. Einst hatte Bochum eine rein weibliche Stadtspitze. Die Ära endet, die Bürgermeisterinnen Erika Stahl und Astrid Platzmann ziehen sich zurück.
Vor einigen Jahren war die Stadtspitze in Bochum fest in Frauenhand: mit Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz und den Bürgermeisterinnen Gaby Schäfer, Erika Stahl und Astrid Platzmann-Scholten punktete Bochum mit einem Damen-Vierer, den es so nirgends sonst gab.
Veränderungen stehen an
Doch die Zeiten ändern sich. Längst ist mit Thomas Eiskirch (SPD) ein Mann auf den Chefposten gerückt, und auch in der zweiten Reihe stehen Veränderungen an. Denn sowohl CDU-Frau Stahl als auch die Grüne Platzmann-Scholten werden bei der Kommunalwahl im Herbst nicht mehr für den Rat antreten – und somit auch nicht mehr als Bürgermeisterinnen zur Verfügung stehen.
Stichwort: Kommunalwahl
Bei Kommunalwahlen werden von den Bürgerinnen und Bürgern in direkter Wahl für die Dauer von fünf Jahren in kreisfreien Städten der Rat und die Bezirksvertretungen, in kreisangehörigen Gemeinden der Rat und der Kreistag gewählt.
Die aktuelle Wahlperiode dauert ausnahmsweise rund sechseinhalb Jahre. Die nächste Wahl des Rates und der Bezirksvertretungen findet am Sonntag, 13. September 2020, statt.
Bleibt vom ehemaligen Bochumer Kleeblatt nur SPD-Urgestein Gaby Schäfer, die es nochmal wissen will. Und die schon angekündigt hat, als Bürgermeisterin erneut zu kandidieren, wenn sie als Ratsfrau für Querenburg denn wiedergewählt wird. Wovon schwer auszugehen ist.
Es werden also auf jeden Fall zwei Bürgermeister-Plätze frei, aber ob es wieder Bürgermeisterinnen-Plätze werden, das ist eine andere Frage.
Eine Ära endet
So oder so geht eine Ära zu Ende, denn sowohl Erika Stahl als auch Astrid Platzmann-Scholten waren über drei lange Wahlperioden Bochums erste Vertreterinnen des/der OB in allen repräsentativen Angelegenheiten der Stadt.
Seit 1971 CDU-Mitglied
Zumal Stahl kennt den Politbetrieb sehr lange. Seit 1971 ist sie Mitglied der CDU. „Eine Diskussion zwischen Rainer Barzel und Helmut Kohl war der Auslöser. Ich dachte: Wenn zwei so unterschiedliche Menschen in einer Partei sein können, ist das vielleicht auch etwas für dich“, erinnert sich die engagierte Sozialpolitikerin. Wiemelhausen wurde ihre politische Heimat. Sie gehört dem Rat seit dem 1. Oktober 1989 an und rückte 2004 in der Nachfolge von CDU-Mann Hermann Josef Rumpenhorst zur Bürgermeisterin auf.
Platz machen für Jüngere
Dass sie bei der Kommunalwahl 2020 zurücksteckt, hat für Stahl einen simplen Grund: „Ich war 30 Jahre im Rat, und ich habe immer gesagt, man muss mich da nicht mit den Füßen voran heraustragen“, sagt die 71-Jährige in ihrem bekannt offenem Ton. Drei „Episoden“ als Bürgermeisterin seien ebenfalls genug, betont sie: „Es war mir immer eine Freude, die Stadt Bochum zu vertreten. Jetzt sind Jüngere an der Reihe.“
Nicht nur Ehrungen und Grußworte
Schwerpunkte habe sie sich nie gesetzt, sie sei immer dort einsatzbereit gewesen, wo es nötig war. Teilnahme an Geselligkeiten wie dem Maiabendfest und den Sitzungen des Festkomitees Bochumer Karneval gehörten ebenso dazu wie Ehrungen und Grußworte. Viel bedeutet hat Stahl die Arbeit mit den jüngsten Bochumer Bürgern: „Ich war glücklich, wenn ich im Rathaus Schulklassen das politische Geschehen und den Prozess der politischen Willensbildung unserer Stadt nahe bringen konnte“, sagt Stahl.
Auch Astrid Platzmann, die 2004 für die Bochumer Grünen/Bündnis 90 in den Rat einzog und vom Start weg das Amt als Bürgermeisterin inne hatte, heißt es: Genug ist genug! „Drei Legislaturperioden und 16 Jahre reichen, jetzt sollen Jüngere ran“, sagt die 60-Jährige.
Großes Spektrum in Bochum
Ihr Amt habe ihr an vielen Stellen großen Spaß gemacht, was sie anfangs erstaunt habe sei, wie groß das Spektrum des gesellschaftlichen und sozialen Lebens in Bochum ist. „Ich habe mein Augenmerk auf sehr viele Veranstaltungen richten können, von denen ich überhaupt nicht wusste, dass es sie gab“, erinnert sich Platzmann.
Sozial- und Gesundheitspolitik, aber auch Frauenpolitik und Migration waren ihre politischen Felder; entsprechend hätten ihr Termine wie Grußworte bei Sozialverbänden oder beim Neujahrsempfang der freien Szene besonders Freude gemacht.