Bochum. Philosophisches und Hintersinniges, Behördensprech und Markterkenntnis. Es wurde wieder einmal viel gesagt in Bochum.

Was war der beste Spruch in Bochum 2018? Oder 2017? Oder 2016? Keine Ahnung. Aber das lässt sich nachblättern. Bis 2014 jedenfalls. Seitdem sammeln wir die Zitate des Jahres in Bochum. Und einige davon hatten es in sich.

2014 zum Beispiel. Da erlaubte sich ein gewisser Werner Hansch, hochgelobter Fußballkommentator mit kräftigem Ruhrgebietseinschlag, einen verbalen Fehltritt. Bei der Vorstellung der Opel-Jobbörse fungierte der gebürtige Recklinghäuser als Moderator und verstieg sich, als Opel-Personalchefin Bettina Dunkel die von ihr entwickelte Jobbörse vorgestellt hatte, zu der Bemerkung: „Unglaublich, eine Frau hatte solch eine Idee.“ Autsch, Herr Hansch. Das war „Rot“.

2015 verabschiedete sich Ottilie Scholz aus dem Amt der Oberbürgermeisterin. Am 1. Mai bewies sie, dass sie nicht nur eine moderierende Mitnehmerin von Vertretern unterschiedlicher Interessen sein, sondern auch klare Kante zeigen kann. Allen Rechtspopulisten las sie mit folgendem Satz die Leviten: „Ob Aufmärsche gegen Moslems oder Juden, Flüchtlinge, Asylbewerber oder Migranten. Für all das ist kein Platz in Bochum.“

2016 legte Eric Weik, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet in gleicher Sache nach, als er beim Neujahrsempfang der IHK sagte: „Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem wir in unseren gut geheizten Wohnzimmern sitzen und im Fernsehen verfolgen, wie vor unseren Grenzen die Menschen verhungern und erfrieren.“

2017 machte ein Fußballer von sich Reden. Felix Bastians, damals Kapitän des VfL Bochum, ließ in Zeiten der Krise kein gutes Wort an der Teambetreuung. „Brot kann schimmeln, ihr könnt nichts“, schimpfte er, nachdem ihm im Mannschaftshotel eine Speise serviert wurde, auf die er wegen seiner dem Verein bekannten Lebensmittelallergie mit einem allergischen Schock reagierte. Er wurde suspendiert und suchte kurz darauf buchstäblich das Weite: beim chinesischen Erstligisten Tianjin Teda.

2018 stand das Thema Ausbildung im Fokus – und vor allem die Kritik an denjenigen, die nicht ausbilden. Von denen gibt es immer noch viel zu viele, wie IHK-Präsident Wilfried Neuhaus-Galladé beim IHK-Jahresempfang unmissverständlich kund tat. Den „Wellenreitern“, die ausschließlich von anderen Firmen fertig ausgebildete Kräfte einstellen, statt sich selbst um den Fachkräftenachwuchs zu bemühen, sagte er: „Ausbildung ist absolute Unternehmerpflicht.“

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Und 2019? Auch in diesem Jahr haben wir die besten Sprüche festgehalten. Die WAZ hat Ohren und Bleistift gespitzt und dokumentiert, was Politiker, Unternehmer, Funktionäre und Menschen wie Du und Ich von sich gegeben haben. Etwas Hintersinniges ist dabei, etwas Derbes, etwas zum Schmunzeln und zum Augenzwinkern. Alles in allem: „Gute Unterhaltung!“ Und: Welcher ist denn wohl diesmal der Spruch des Jahres?

Philosophisches

„Ich glaube, es passt ganz gut, Mahatma Ghandi zu zitieren. Er hat gesagt: Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun.“ Anja Greiter, Sprecherin der Agentur für Arbeit Bochum, bei der Bilanz zum Arbeitsmarkt 2018

Klare Kante

„Wir brauchen die Zugewanderten – Geflüchtete und Migranten; und zwar für den ersten Arbeitsmarkt.“ Regine Schmalhorst, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Bochum, bei der gleichen Veranstaltung

Prophetisches

Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) prophezeit der Stadt einen Boom – in den Jahren 2021 bis 2024.
Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) prophezeit der Stadt einen Boom – in den Jahren 2021 bis 2024. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

„Wenn sich die Konjunktur stabil entwickelt, dann haben wir 2019 und 20 ordentliche Jahre. Der Boom Bochums kommt erst noch – 2021 bis 24.“ Thomas Eiskirch (SPD), Oberbürgermeister von Bochum, ebenfalls bei der Bilanz zum Arbeitsmarkt 2018

Hintersinniges

„Ihre Wahrnehmung scheint eine sehr individuelle zu sein, um das mal vorsichtig zu sagen.“ Peter Reinirkens, SPD-Fraktionschef, in Richtung Volker Steude (Stadtgestalter) in der 25. Sitzung des Ausschusses für Strukturentwicklung, als es um die Stellungnahme Bochums zum Regionalplan ging und um die Frage, wie viele und welche Flächen Bochum als künftige Gewerbegebiet ausweisen sollte.

Bekenntnis

„Ich möchte mich nicht in die wirtschaftsfeindliche Ecke drängen lassen.“ Martina Foltys-Banning (Grüne), zum gleichen Thema

Konter

„Frau Foltys-Banning, ich will sie gar nicht in die wirtschaftsfeindliche Ecke drängen. Sie sind schon da drin.“ Roland Mitschke (CDU)

Behördensprech

„Unter Suiziden sind Sterbefälle infolge vorsätzlicher Selbstbeschädigung zu verstehen.“ Aus dem Basisgesundheitsbericht 2017 der Stadt Bochum zum Thema Suizide

Seitenhieb

„Bei uns ist es viel schöner als in Stiepel. Aber sagen Sie das bloß nicht den Stiepelern.“ Der Lindener Jochen Hopmann im Gespräch zum Stadteil-Check

„Doppelgänger“

„Die meisten sagen: Sie hätte ich mir größer vorgestellt.“ Dirk Nowitzki, Leiter „Unternehmenskunden“ bei der Commerzbank Bochum

Rhethorisches

„Warum soll auf der Outokumpu-Fläche nicht möglich sein, was auf Mark 51/7 gelungen ist?“ Manfred Preuß (Die Grünen) im Rat bei den Beratungen zum Regionalplan

Polit-Trainer

„Der nächste ist Herr Sekowsky. Danach kann sich Herr Lange schon mal warm machen.“ OB und Sitzungsleiter Thomas Eiskirch (SPD) in der gleichen Sitzung

Kritiker I

„Die Entscheidung der Koalition sind Fußfesseln für Bochum.“ Marcus Stawars (CDU), in Anspielung darauf, dass im Regionalplan einige Bochumer Straßen herabgestuft werden sollen

Kritiker II

„Mir scheint, es sind nicht Fußfesseln, es sind Radkrallen, die sie anlegen.“ CDU-Verkehrsexperte Dirk Schmidt zum gleichen Thema

Feiner Unterschied

„Wir nehmen nicht für uns in Anspruch, die Wahrheit herauszufinden, sondern nehmen für uns in Anspruch, die prozessuale Wahrheit herauszufinden.“ Michael Rehaag, Sprecher des Landgerichts Bochum und Vorsitzender Richter am Landgericht, über den Fall eines 80 Jahre alten Ehepaars. Das soll nach dem Urteil des Landgerichts eine Wohnung räumen, weil sich Nachbarn über anhaltende Lärmbelästigungen durch das Senioren-Paar beschwert haben.

Markterkenntnis

Heinz-Dieter Tiemeyer findet 35.000 Euro für einen VW up zu teuer.
Heinz-Dieter Tiemeyer findet 35.000 Euro für einen VW up zu teuer. © Funke Foto Services GmbH | Rainer Raffalski

„Ein VW up für 30.000 bis 35.000 Euro. Da steigt keiner ein. Wir brauchen viele und preiswerte E-Fahrzeuge auf der Straße.“ Heinz-Dieter Tiemeyer, Geschäftsführer des Autohauses Tiemeyer, über E-Mobilität

Pro Europa

„Die Europäische Union ist sicherlich nicht perfekt, aber das mit Abstand Beste, was diesem Kontinent in seiner langen Geschichte passiert ist.“ Dirk W. Erlhöfer, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen, mit Blick auf die Europawahl im Mai

Baumkunde

„Wir sind in der Stadt und nicht im Wald. Da kann man nicht alles pflanzen.“ Landschaftsarchitekt Rainer Leuchter, Mitautor des Bochumer Stadtbaumkonzepts

Goldener Boden

„Himmel und Erde hat der liebe Gott geschaffen – alles dazwischen das Handwerk.“ Michael Mauer, Kreishandwerksmeister, in Anlehnung an eine Kampagne der Handwerkerschaften

Anarchist

“Unser Wald muss unordentlicher werden.“ Sebastian Pewny (Die Grünen) über die Empfehlung des Umweltausschusses, die bislang noch als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesenen Gebiete Dr. C. Otto-Wald und Hörsterholz künftig als Naturschutzgebiet auszuweisen

Architektur und Sport

Stadtbaurat Markus Bradtke nimmt die Veränderungen in der Innenstadt sportlich. „Umbau im Bestand ist bekanntermaßen großes Tennis“, sagt er.
Stadtbaurat Markus Bradtke nimmt die Veränderungen in der Innenstadt sportlich. „Umbau im Bestand ist bekanntermaßen großes Tennis“, sagt er. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

„Umbau im Bestand ist bekanntermaßen großes Tennis.“ Stadtbaurat Markus Bradtke in den Vorberatungen über das Konzept zum Haus des Wissens

Plaudertasche

„Ich muss jetzt mal langsam aufhören zu reden, bevor die Würstchen auf dem Grill schwarz werden. Meine Mitarbeiter sagen mir auch immer, ich rede zu viel.“ Manfred Lenhart, Geschäftsführer der Brock Kehrtechnik GmbH, bei der Grundsteinlegung für den neuen Firmensitz am Arnoldschacht in Werne

Böse Vorahnung

„Das Ärgerliche ist, dass uns bis dahin möglicherweise die Brücken in Bochum einstürzen, weil der Personalbedarf erst nach Fertigstellung des Konzepts analysiert wird.“ Fraktionsvorsitzender Christian Haardt (CDU) über die Verschiebung des städtischen Bauwerkinstandhaltungskonzepts