Bochum. Bei der Betriebsversammlung von Thyssenkrupp Stahl haben die Mitarbeiter schlechte Neuigkeiten erfahren. Für Bochum haben die Pläne harte Folgen.
Die Katze ist aus dem Sack: Die Betriebsversammlungen von Thyssenkrupp Stahl am Standort Bochum sind zu Ende gegangen. Was die Mitarbeiter erfahren haben, macht sie wütend und traurig. Die Pläne des Vorstands sehen vor, das Elektroblechwerk an der Castroper Straße bis zum Jahr 2025 komplett zu schließen. so erfuhr die WAZ unmittelbar nach der ersten Belegschaftsversammlung. Knapp 550 Menschen arbeiten dort.
Am Werk Höntrop an der Essener Straße stehen die Warmbreitbandstraße mit rund 600 Beschäftigten und die elektrolytische Verzinkung (etwa 80 Mitarbeiter) vor dem Aus. Hier soll es eine Gnadenfrist bis 2024 geben. Was die Mitarbeiter besonders wütend macht: Sowohl Warmbreitbandstraße als auch Elektrobandwerk sollen in Bochum einige Jahre noch so lange produzieren, bis in Duisburg Anlagen neu- oder umgebaut worden sind, um die entsprechende Bochumer Tonnage dann dort zu fertigen.
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Immerhin traten die drei Stahlvorstände Arnd Köfler, Premal Desai und Sabine Maaßen bei den drei unterschiedlichen Versammlungen im Bochumer Ruhrcongress vor die Belegschaften, um die Pläne vorzustellen. Es gab Pfiffe und wütende Zwischenrufe. Obwohl der Werkschutz versuchte, die Versammlungsorte am Stadionring abzuschirmen, waren die Reaktionen nicht zu überhören. Was die Stahlarbeiter wirklich dachten, wollten danach nur die wenigsten in die Mikrofone sagen. Einer konnte sich nicht zurückhalten und rief laut: „Was die hier machen? Die werden uns gerade hier in Bochum bis aufs Blut ausquetschen bis sie uns platt machen.“
„Warum investiert ihr das nicht in Bochum?“
„Warum investiert ihr das nicht in Bochum?“, rief ein anderer, als er die Investitionssumme von mehr als 800 Millionen Euro für neue Anlagen vorwiegend in Duisburg hörte. Peter Braun (58), dessen Vater schon bei Krupp arbeitete und dessen Bruder und 37-jähriger Sohn noch heute ebenfalls in Bochum arbeiten, erwartete schon vor Beginn der Betriebsversammlung nichts Gutes.
Mindestens genauso eng verbunden mit der Stahlstadt Bochum ist Thomas Soja. Der 55-Jährige arbeitet sogar in dritter Generation in Bochum. Sein Großvater begann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch beim Bochumer Verein. Werkzeugmacher war er. Der vermittelte 1966 seinen Sohn, also Thomas Sojas Vater, noch in die Gussstahlfabrik an der Alleestraße, wo er als Kranführer arbeitete.
Bochumer Warmbandanlage soll geschlossen werden
Rund 1500 Beschäftige des Werkes an der Essener Straße kamen zur Belegschaftsversammlung in den Ruhrcongress, eine rekordverdächtige Teilnehmerzahl.
Dort ist offenbar geplant, für etwa vier Jahre die Warmbreitbandstraße auf Hochtouren laufen zu lassen. In dieser Zeit wird eine andere Warmbandanlage in Duisburg umgebaut. Danach soll den Plänen nach die Bochumer Warmbandanlage geschlossen werden.
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Da da Betriebsversammlung für das Werk an der Essener Straße offiziell nur unterbrochen ist, bis sie in der nächsten Woche fortgesetzt wird, fielen die offiziellen Kommentare des Betriebsrats und der IG Metall äußerst zurückhaltend aus. Engin Karakurt, Betriebsratsvorsitzender vom Werk Höntrop, sagte: „Wir konnten heute längst nicht alle Fragen stellen, und es gibt sehr viele Fragen, zu dem was wir heute gehört haben.“ Eva Kerkemeier, 1. Bevollmächtigte der Bochumer IG Metall nahm die Worte des Vorstands beim Wort, der in der Versammlung angab, mit diesen Vorschlägen eine Diskussion eröffnen zu wollen. „Dann aber bitte ergebnisoffen.“
Resolution der SPD-Abgeordneten
Ebenfalls anwesend auf der Betriebsversammlung war der Bochumer SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer. Er hatte eine Resolution aller SPD-Abgeordneten aus den größten deutschen Stahlstandorten im Gepäck. Eine Forderung: „Wir erwarten, dass die Unternehmen sich ihrer Verantwortung gegenüber der Belegschaft bewusst sind und notwendige Investitionen zum Erhalt der Standorte tätigen.“
Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben. Den meisten Beschäftigten sollen Jobs in Duisburg oder anderen Standorten angeboten werden. Wenn das so kommt, verliert Bochum bis zu 1200 Stahlarbeiter-Jobs. Mitarbeiter der Thyssenkrupp-Werke in Südwestfahlen dagegen kommen mit einem blauen Auge davon.