Bochum. Die IG Metall startet in Bochum mit Aktionen in die neue Woche. Es geht um die Zukunft des Stahlstandorts. Abbau von 1000 Arbeitsplätzen droht.

Süße Schokoladenherzen überreichte die IG Metall den rund 3000 Führungskräften von Thyssenkrupp Stahl, die sich am Montag (9.) zu einer Tagung im Ruhrcongress Bochum trafen. Ganz gleich, ob Industriemeister oder Werksdirektor, die Führungsleute reagierten erwartungsgemäß äußerst säuerlich bis gar nicht, als sie auf ihre Meinung zum neuesten Zukunftsplan beim kriselnden Duisburger Stahlkonzern angesprochen wurden. Es geht um rund 1000 Stahlarbeitsplätze, die nach Informationen der WAZ allein an den beiden Bochumer Thyssen-Krupp-Standorten gestrichen werden sollen.

Engin Karakurt ist Betriebsratsvorsitzender des Thyssenkrupp-Werks an der Essener Straße.
Engin Karakurt ist Betriebsratsvorsitzender des Thyssenkrupp-Werks an der Essener Straße. © FFS | Dietmar wäsche

Deutlich fielen dagegen die Worte der Arbeitnehmervertreter aus. Engin Karakurt, Betriebsratsvorsitzender des Bochumer Werks, kündigt an: „Ich gehe davon aus, dass bei unserer Betriebsversammlung am Mittwoch, zeitweise die Produktion an der Essener Straße ruhen wird.“ Er rechnet mit einer Rekordbeteiligung von bis zu 1500 Mitarbeitern des Standorts.

Die Beschäftigten des Bochumer Standorts von Thyssenkrupp Elektrostahl werden sich am gleichen Tag, wenn auch zu anderen Zeiten, ebenfalls zu Betriebsversammlungen treffen. An diesem Tag erwarten die Beschäftigten, dass der Vorstand erklärt, was sich hinter der Strategie 20/30 wirklich verbirgt.

Informationen gibt es nur scheibchenweise

Denn bisher werden die Pläne nur scheibchenweise bekannt. Beispiel Elektrobandwerk (früher EBG) an der Castroper Straße. Das seit Jahren zu Thyssenkrupp Stahl gehörende Werk mit seinen knapp 500 Mitarbeitern fertigt sogenannte nicht kornorientierte Spezialstähle. Diese finden etwa in Elektromotoren Anwendung. Mit Blick auf die künftig mehr und mehr mit E-Motoren mobilisierten Kraftfahrzeuge verspricht der Markt ein hohes Wachstumspotenzial. Doch dem Standort in Bochum soll offenbar diese Entwicklung nicht zugetraut werden, wie die WAZ aus IG-Metall-Kreisen erfuhr.

Beschäftigte wollen Klarheit über ihre Zukunft

Auf getrennten Betriebsversammlungen am Mittwoch, 11. Dezember, werden auch Vorstandsmitglieder von Thyssenkrupp Stahl in Bochum erwartet. Allein aus dem Werk an der Essener Straße wollen rund 1500 Mitarbeiter in den Ruhrcongress kommen.

Ebenfalls informiert werden die Mitarbeiter von Thyssenkrupp Electrical Steel aus dem Werk an der Castroper Straße. Dort arbeiten insgesamt knapp 500 Männer und Frauen.

IG Metall verteilt Hunderte Flugblätter und kündigt Widerstand an

Moritz Engels (l.) ist Betriebsrat bei Thyssenkrupp Stahl aus Dortmund. Für ihn war es selbstverständlich, nach Bochum zu kommen: „Wir lassen uns nicht auseinander dividieren.“
Moritz Engels (l.) ist Betriebsrat bei Thyssenkrupp Stahl aus Dortmund. Für ihn war es selbstverständlich, nach Bochum zu kommen: „Wir lassen uns nicht auseinander dividieren.“ © Dietmar wäsche

Jetzt will die IG Metall Klarheit, so die Überschrift des aktuellen Flugblatts der Gewerkschaft. Früh aus den Betten mussten daher am Montagmorgen IG-Metallgewerkschafter. Schon um 4.45 Uhr standen sie vor Tor Süd an der Essener Straße. Und das mit Grund. Zwar sind die Debatten um die Auslastung und somit die Zukunft des Warmbandwerkes spätestens seit Schließung des Edelstahlwerkes von Outokumpu (früher Thyssenkrupp Nirosta) immer lauter geworden, doch so konkret wie jetzt wurde es noch nie.

„Wir werden kämpfen“

„Ich habe den Standort Bochum noch nicht aufgegeben. Wir werden kämpfen“, sagt Tim Wißen, Gewerkschaftssekretär der IG Metall. Am Montag (9.) bleibt es nicht beim Verteilen von Flugblättern. Wenn am Nachmittag Führungskräfte von Thyssenkrupp Stahl zu einem Treffen im Bochumer Ruhrcongress zusammenkommen, will die Gewerkschaft nicht tatenlos zusehen.

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Politik kritisiert Thyssenkrupp scharf

Nachdem sich bereits am Freitag Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) äußerst besorgt über die aktuellen Nachrichten gezeigt hatte, gibt es weitere Reaktionen. Eiskirch sprach von einem „unanständigen“ Verhalten. Er erinnerte an die Fehlplanungen in den USA und Brasilien, wo Geld versenkt worden sei. Die Reaktion der Sozialen Liste im Rat geht in die gleiche Richtung. „Die Fehler der Geschäftsleitung dürfen nicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden“, fordert Günter Gleising, Ratssprecher der Sozialen Liste. Gleising will zudem davon erfahren haben, dass jetzt auch als zusätzlicher Werksteil die Elektrolytische Verzinkung an der Essener Straße geschlossen werden soll. Hier sind rund 50 Stahlmitarbeiter beschäftigt.