Bochum. Erstmals hat ein Unternehmen aus NRW den Titel „Newcomer of the Year“ der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer gewonnen. Es kommt aus Bochum.

Sie wollen Europa erobern, die Nummer eins im Online-Marketing auf dem Kontinent werden. Mit ihrem Unternehmen Salesviewer haben sich Benjamin Zaczek und Vivian Seidel dafür eine ganz ordentliche Ausgangsposition verschafft. Quasi über Nacht haben sie jetzt aber auch schon in den USA tiefe Fußspuren hinterlassen.

Vor einigen Tagen wurde Salesviewer in New York mit dem Titel „Newcomer des Jahres“ der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer (AHK) ausgezeichnet. Ein echter Paukenschlag.

Denn eigentlich hatte sie niemand auf der Rechnung. Sie hatten im Sommer an der Delegationsreise „STEP USA“ teilgenommen, die von der AHK veranstaltet wird und bei der deutsche Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen die Chance haben, die New Yorker Technologieszene kennenzulernen und sich dort vorzustellen. „Für uns war das schon eine tolle Sache, überhaupt dabei sein zu dürfen“, bekennt Benjamin Zaczek.

David gegen Goliath

Doch dann ging alles ganz schnell. Bei der Vorstellung ihrer Firma und ihres Produkts, das Unternehmen hilft, zu erkennen, welche anderen Firmen und Institutionen sich auf ihrer Homepage tummeln, hat Salesviewer im 48. Stock eines der ehrfurchtgebietenden Hudson-Yard-Gebäude in Manhattan einen blendenden Eindruck hinterlassen. Als die Vorstellung vorbei war, war AHK-Geschäftsführer Dietmar Rieg mächtig beeindruckt und erklärte den beiden Bochumern, er werde sie für den Newcomer-of-the-Year-Award vorschlagen. Zaczek und Seidel waren baff. Erst recht, weil sie am Ende zu den drei Firmen gehörten, die in der engeren Wahl für Preis standen. Die Konkurrenz? Zwei namhafte Berliner Technologie-Start-ups, die „in der Champions League der Start-ups spielen“, so Zaczek. Unternehmen mit Fremdkapital in Millionenhöhe. „Wir arbeiten dagegen ausschließlich mit eigenen Geld.“ Ein Duell „David gegen Goliath“.

Präsentation auf den Punkt

Bei dem am Ende David gewann; vielleicht auch, weil die US-Amerikaner diese Konstellation so lieben. „Wer gewinnt, stand schon vor der Schlusspräsentation fest“, sagt Vivian Seidel. Aber diesen Ausgang kannten die Finalisten nicht. Das Salesviewer-Duo legt sich besonders ins Zeug und wollte demonstrieren, wie einfach und zugleich effektiv ihr Produkt ist. Statt die ohnehin eng bemessene Zeit von fünf Minuten für die Präsentation auszunutzen, „haben das Ganze auf zwei Minuten reduziert“. Kurz und knapp. Und erfolgreich. Am Ende lagen sich die Sieger in den Armen und konnten ihr Glück kaum fassen. Der Preis ist die bislang größte Auszeichnung für das junge Unternehmen.

Über die Delegationsreise „STEP USA“ hat sich Salesviewer in New York präsentierten können..
Über die Delegationsreise „STEP USA“ hat sich Salesviewer in New York präsentierten können.. © Andreas Rorowski | Andreas Rorowski

Wobei vorher der Anspannung vor der Präsentation immens war. „Die ist eigentlich immer da, wenn man etwas vorstellt. Aber diesmal war der Druck schon ziemlich groß“, gesteht Benjamin Zaczek. Zumal gar nicht klar war, ob der 34-Jährige überhaupt nach New York würde fliegen können. Seine Frau war schwanger, brachte aber kurz vor Reisebeginn das Erstgeborene zur Welt, so dass der Firmengründer jetzt doppelten Grund zum Strahlen hat.

Erster Sieger aus NRW

Was es bringt, der Newcomer des Jahres zu sein? Zunächst ist es eine Auszeichnung für eine pfiffige Idee plus glänzender Umsetzung. Und: „Es ist das erste Mal, dass ein Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen den Preis bekommt“, sagt Vivian Seidel mit einem stolzen Blick auf die beiden Urkunden, die jetzt einen Ehrenplatz im Teamraum von Salesviewer im Bürohaus an der Bongardstraße haben. Sie eröffnet ihnen den Einzug in ein Netzwerk, von dem sie in nächster Zeit zu profitieren hoffen. Allerdings: Ganz unbekannt ist Salesviewer in den USA nicht. Ein Teil der mittlerweile etwa 1700 Kunden, die ihr Produkt nutzen, kommen aus den USA. Dazu gehört etwa das Statistik-Onlineportal Statista, das ein großes Büro in New York unterhält. Und dem haben die Zaczek und Seidel im Rahmen ihrer fünftägigen Reise einen Besuch abgestattet. Buchstäblich Big Business. Denn auch Statista residiert in einem für New York typischen Wolkenkratzer in Manhattan.

Kunden in Bochum und auf der ganzen Welt

Kleine und große Unternehmen, heimische, nationale und internationale Firmen gehören zu den Kunden von Salesviewer. In Bochum nutzt die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft das Programm, mit dem erkannt wird, wer sich auf einer Seite tummelt und was ihn besonders interessiert.

Zu den deutschen und internationalen Kunden gehören etwa Stepstone, Statista, Linde, Flaschenpost, Deutsche Messe und Cyberport.

Zurück in Deutschland krempeln die beiden wieder die Ärmel hoch. Nächstes Jahr wollen sie sich für den German Accelerator bewerben. Das vom Bundeswirtschaftsministerium finanzierte Programm hilft deutschen Start-ups aus der Informations- und Kommunikationstechnologie, in den USA Kontakte zu knüpfen und Fuß zu fassen. Die nächste Herausforderung.