Bochum. Das Dive-Festival für immersive Künste ist vom 21. bis 24. November in Bochum zu erleben: ein Experimentierfeld für Raum, Illusion und Klang.
Den Zuschauer aus der Komfortzone herauslocken und ihn mit allen Sinnen berühren: Das möchte das erste „Dive“-Festival für immersive Künste, das vom 21. bis 24. November an mehreren Spielorten in Bochum zu erleben ist.
Die erste Zusammenarbeit zwischen Schauspielhaus und Planetarium verspricht Kunstgenüsse vielerlei Couleur: Mal durchwandert man eine riesige Landschaft aus aufblasbarem Gummi, mal erlebt man einen Rausch aus Farben und Klängen mit 3D-Brille auf der Nase.
Wahrnehmung auf dem Prüfstand
Immer geht es darum, dass der Betrachter selber zum Teil des Spiels wird, in künstliche Welten schaut und dabei auch seine eigene Wahrnehmung auf den Prüfstand stellt, was ein ebenso spannendes wie forderndes Abenteuer sein kann.
Eröffnung in der Zeche 1
Das Dive-Festival wird am Donnerstag (21.11.) um 19 Uhr in der Zeche Eins, Prinz-Regent-Straße 50-60, mit einer Rede des früheren Bochumer Dramaturgen Thomas Oberender eröffnet, der seit 2012 Intendant der Berliner Festspielen ist.
Das Festival, das mit Mitteln der „Bochum Strategie 2030“ gefördert wird, soll künftig jährlich stattfinden. Alle Termine und Spielzeiten unter www.divefest.de
Das Eintauchen in virtuelle Realitäten bezeichnen Sprachwissenschaftler als „Immersion“. Mit diesem Begriff spielt das „Dive“-Festival vier Tage lang in zahlreichen Ausdrucksformen. Zu erleben gibt es Installationen, Surround-Konzerte und 360-Grad-Performances, die dazu einladen, in ganz neue Erfahrungswelten abzutauchen.
Erlebnis zum Greifen nah
Während das Planetarium schon immer immersiv funktionierte, weil unter der Sternenkuppel das Aha-Erlebnis zum Greifen nahe ist, sehen andere Kunstgattungen hier noch Nachholbedarf.
Gerade im Theater wird seit Langem versucht, die unsichtbare Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum immer weiter zu lockern. „Verschiedene Sinneswelten zusammenzubringen, um die perfekte Illusion herzustellen, ist doch total spannend“, sagt der Kurator Tobias Staab, der seit Beginn der Intendanz von Johan Simons am Schauspielhaus den Theaterkeller als „Oval Office“ zum Ort der Kunst erhoben hat – mit einigem Erfolg.
Offen für alle, Neugier genügt
Und so soll auch das „Dive“-Festival funktionieren: „Das Schöne ist: Es ist offen für jeden, der neugierig ist“, so Staab. „Man braucht keine Kunstgeschichte studiert zu haben, um teilhaben zu können. Man kann einfach kommen und seine eigenen Erfahrungen sammeln.“
Herzstück des Festivals ist die sogenannte „Sensefactory“: Die begehbare Installation, die in der Zeche Eins (Prinz-Regent-Straße 50-60) aufgebaut ist, sieht aus wie eine monströse, weiße Hüpfburg, durch die sich der Zuschauer langsam hindurch schlängelt. Vorbei an meterhohen Mauern aus aufblasbarem Gummi bahnt man sich den Weg durch enge Gassen, die labyrinthisch angeordnet sind. Und die Wände bewegen sich, bauen sich auf und fallen wieder ineinander.
Muße mitbringen
Wer etwas Muße hat, sich darauf einzulassen, erlebt ein betörendes Spiel aus Farben, Formen und sogar Gerüchen, an dem Künstler wie Erik Adigard, Dietmar Lupfer und FM Einheit (früheres Mitglied von „Abwärts“ und „Einstürzende Neubauten“) mitgearbeitet haben. Dass die Künstler ihren Beitrag, der im September in München Premiere hatte, zudem als Hommage an die 100-jährige Bauhaus-Architektur sehen, erschließt sich allerdings erst auf den zweiten Blick.
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Traumschön und doch auch an den Nerven zerrend sind zwei Arbeiten des Dresdner Medienkünstlers Ulf Langheinrich. Im schwarz gestrichenen Oval Office im Schauspielhaus-Keller zeigt er „Waveform X“: Mit 3D-Brille ausgestattet, schaut der Zuschauer im komplett dunklen Saal auf eine wild flackernde Leinwand. Darunter schimmert ein kleiner Teich. Die Lichtbrechungen, die dadurch entstehen, sind ebenso fantastisch wie der Soundteppich, mit dem Langheinrich seine Installation unterlegt.
Zuckendes Stroboskop-Licht
Weitaus härter ist die Performance „Lost“, die er unter der Kuppel des Planetariums zeigt: Die zuckenden Stroboskop-Lichter können bei zart besaiteten Besuchern schnell Unbehagen auslösen. Wer durchhält, erlebt eine beeindruckende, sinnliche Erfahrung.