Bochum-Wattenscheid. Zwar galt Wattenscheid nie als eigentliches Angriffsziel der Alliierten. Doch die exponierte Lage im Ruhrgebiet machte die Stadt verwundbar.
Heimatfront. Was sich hinter diesem geschickt von der NS-Propaganda verwendeten Begriff tatsächlich verbirgt – der 4. November 1944 offenbart es schonungslos.
Beim nächtlichen Luftangriff der Royal Air Forceauf die Nachbarstadt Bochum fallen auch reihenweise Bomben und Luftminen aller Kaliber auf Wattenscheider Gebiet. In der Statistik des städtischen Verwaltungsberichts, der die Jahre von 1945 bis 1950 zusammenfasst, rangiert der massive Einsatz in der Liste als Luftangriff Nummer 30.
Volltreffer in den Luftschutzstollen
Der nächtliche Himmel über der Stadt ist an jenem trüben Samstag erleuchtet von so genannten „Christbäumen“, die Markierungszeichen fallen dort, wo kurz darauf Bomben einschlagen. Eine Luftmine löscht die Gaststätte Wiesmann an der Hochstraße aus. Im Keller des Hauses sterben zwölf Menschen. Volltreffer erhalten die Luftschutzstollen am Dückerweg und Im Vogelspoth. Traurige Bilanz: 18 Tote, darunter eine Mutter mit ihren vier Kindern.
„Nacht über Wattenscheid“
Der in zwei Wellen durchgeführte Angriff verwüstet auch in anderen Ortsteilen ganze Straßenzüge und löscht Leben aus. Was totaler Krieg bedeutet, wird in Leithe ebenso Realität wie in Günnigfeld und Eppendorf. In einem Haus In der Mark kommt eine fünfköpfige Familie ums Leben.
Zwar steht Wattenscheid nie als eigentliches Angriffsziel auf der Liste der englischen und amerikanischen Luftwaffe. Doch die exponierte Lage der Gemeinde mitten im Ruhrgebiet markiert im Herbst vor 75 Jahren erneut einen Wendepunkt.
Radio-Warnungen als böses Omen
Spätestens, als um 19 Uhr zum ersten Mal die Sirenen heulen und klar wird, dass ein Großangriff bevorsteht. Die entsprechenden Warnungen über das Radio – auch Volksempfänger genannt - sind ein böses Omen. Tote und Trümmerhaufen – und ein Ende der Angriffe ist nicht in Sicht.
In ihrem Buch mit dem beziehungsreichen Titel „Nacht über Wattenscheid – Chronik des Krieges in unserer Stadt’ stellen die Autoren Alfred Winter und Hartmut Schürbusch fest: Nach dem schweren 4. November 1944 kann die Bevölkerung unserer Stadt nur kurz aufatmen. 14 Tage später bringen Bomben neues Unheil.