Bochum-Langendreer. Jugendliche der Mansfeld-Schule in Langendreer verlegen einen Stolperstein. Für ein Nazi-Opfer, das Parallelen zu ihrem eigenen Leben aufweist.
Der Unterricht ist für einige Schüler der Mansfeld-Schule (Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung) in Langendreer derzeit besonders spannend. Die Jugendlichen sind mit zwei Projekten des Kinder- und Jugendringes beschäftigt, die mit Stolpersteinen zu tun haben. Jenen Gedenksteinen, die an Nazi-Opfer erinnern und vor deren letzten Wohnsitz verlegt werden. Meist sind es Juden, die im Zweiten Weltkrieg deportiert und umgebracht wurden.
Auch verhaltensauffällige Menschen wurden aussortiert
Doch es gab noch andere Menschen, die nicht ins Weltbild der Nazis passten. Menschen etwa mit Behinderungen und Verhaltensauffälligkeiten, die quasi aussortiert wurden. Menschen, die in der heutigen Zeit sehr wahrscheinlich eine Förderschule besucht hätten – so wie die Jugendlichen der Mansfeld-Schule.
In den Stolperstein-Projekten beschäftigen sich die Schüler aus den Klassen sechs, sieben und zehn nun ausgiebig mit den Geschichten, die mit den Stolpersteinen verbunden sind. Und sie wollen auch selbst einen verlegen. Für eines dieser sogenannten Euthanasie-Opfer. Weil die Jugendlichen dann doch festgestellt haben, dass es ja durchaus Parallelen zu den Opfern von damals gibt.
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Ein langer Weg bis zur Steinverlegung
Doch der Weg dahin, einen eigenen Stein verlegen zu können, ist ein langer, wie Lehrerin Katja Wiemers zu berichten weiß. „Man muss zunächst ja erstmal einen Namen und den passenden Wohnort haben. Gar nicht so einfach, wenn die meisten Akten von damals mit ,Verlegt in eine andere Anstalt’ enden.“ Ein Kollege sei extra nach Berlin gereist, um im Bundesarchiv zu recherchieren. Wiemers und die Schüler sondierten derweil alte Akten im Stadtarchiv.
Letztlich wurde man fündig. „Der Name der Person, für die ein Stolperstein verlegt werden soll, wird aber erst im Dezember hochoffiziell bekanntgegeben“, verrät Katja Wiemers. Nur so viel sei preisgegeben: Es handelt sich um einen Mann, der zuletzt in der Innenstadt lebte und offenbar ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung) oder Ähnliches hatte – und kriminell in Erscheinung getreten ist. Für die Nazis damals Grund genug, dieses „lebensunwerte Leben“ vorzeitig zu beenden.
Lehrer loben Schüler-Einsatz
Bis sie „ihren“ Stolperstein schließlich verlegen dürfen, reinigen die Mansfeld-Schüler einige Gedenksteine in der Nachbarschaft, etwa an der Alten Bahnhofstraße. Mit Politur und Schwamm geht es ans Werk, um die Aufschriften wieder leserlich zu machen. Katja Wiemers und auch ihr an den Projekten beteiligter Kollege Moritz Ludwig sind begeistert vom Einsatz und Interesse der Schüler: „Toll, dass sie sich so darauf einlassen. Das ist gar nicht einfach bei dieser emotionalen Nähe.“