Bochum. Der Erhalt der Natur stand im Blickpunkt des Erntedankgottesdienstes im Bochumer Tierpark. Für die Pinguine wurde ein Kirchenlied umgetextet.

Fürbitten, Kirchenlieder und das Vaterunser zwischen Wirtelschwanzleguan, Beilbauchfisch und Panzerwels: Im Aquarienhaus des Tierparks wurde am Sonntag ein Gottesdienst der besonderen Art gefeiert. Im Blickpunkt: die Bewahrung der Umwelt – und die Mahnung vor einer neuen, diesmal menschengemachten Sintflut.

4000 Tiere in mehr als 300 Arten leben im Bochumer Tierpark und Fossilium. Der perfekte Ort, um sich zum Erntedankfest der Schönheit, aber auch Zerbrechlichkeit der Schöpfung bewusst zu werden: eine Mission, die Pfarrer Volker Rottmann von der Evangelischen Kirchengemeinde Bochum und Pfarrerin Kerstin Schiffner von der Elias-Gemeinde Dortmund spürbar ein Herzensanliegen ist.

Kuscheltier hat Plastik im Bauch

Gemeinsam prangern sie während des Gottesdienstes im voll besetzten Aquarienhaus die dramatische Umweltverschmutzung an – insbesondere die Plastikabfälle, die die Weltmeere vermüllen. „Wir steuern auf den Abgrund, auf eine neue Sintflut, zu. Und die Meerestiere müssen es ausbaden, schlimmer: ausfressen“, warnt Kerstin Schiffner. Dabei könne ein jeder einen kleinen, aber wichtigen Beitrag leisten – etwa, indem er zum Einkaufen einen Stoffbeutel nutzt. Ein Kuscheltier bietet gerade den Kindern in der Halle erschreckenden Anschauungsunterricht. Volker Rottmann öffnet den Bauch des Stoff-Pinguins. Heraus quillt ein hässlicher Propfen mit Plastikmüll.

Punktemuster auf der Brust machen jeden Humboldt-Pinguin im Tierpark Bochum einzigartig.
Punktemuster auf der Brust machen jeden Humboldt-Pinguin im Tierpark Bochum einzigartig. © Tierpark Bochum

Die lebendigen Artgenossen im Tierpark sind davor zum Glück gefeit. Die Humboldt-Pinguine tummeln sich während des Gottesdienstes wohlbehalten und artgerecht in den Nordseewelten im Stadtpark. Dabei sind die Frackträger eigentlich die Hauptdarsteller des Vormittags. Nicht nur als bedrohte Tierart sowie als Sympathieträger und (neben den Erdmännchen) heimliche Stars der Anlage. Sondern auch als Beispiel dafür, wie verfehlt das gängige Schwarz-Weiß-Denken sein kann. Zwar sehen die schwarz-weiß gefiederten Meeresvögel auf den ersten Blick alle gleich aus. Doch wer genau hinschaut, erkennt ein Punktemuster auf der Brust, das jeden Pinguin einzigartig sein lässt – ebenso wie jeden Menschen mit seinem individuellen Fingerabdruck.

Unterstützung für „Fridays for Future“

Reichlich lernen kann der Homo sapiens von den Pinguinen in Sachen Treue: Haben sie einmal einen Partner gefunden, bleiben sie meist ein Leben lang bei ihm. Anlass für eine Welturaufführung. Ein bekannter Kirchenkanon wird kurzerhand den Pinguinen gewidmet. „Lasst uns miteinander singen, loben, danken dem Herrn“, heißt es im Original. In der Tierpark-Version, lauthals angestimmt von den rund 300 Besuchern, wird daraus: „Lasst uns miteinander watscheln, klatschen, hüpfen...“

Pfarrerin: Geschirr selbst mitbringen

Der Bochumer Tierpark mit seinen jährlich mehr als 300.000 Besuchern könne auch selbst etwas tun, um den Plastikmüll einzudämmen, regte Kerstin Schiffner beim Erntedankgottesdienst an.

„Wie wäre es“, so die Pfarrerin, „wenn Pommes oder Waffeln nur noch auf Geschirr ausgegeben wird, das die Besucher selbst mitbringen? Das wäre schon ein wichtiger Schritt für den Umweltschutz.“

„Toll, dass gerade hier im Tierpark eine Messe gefeiert wird“, sagt Julia. Die 15-Jährige ist seit Monaten dabei, wenn die „Fridays for Future“-Demonstrationen durch Bochum ziehen. „Wichtig“ findet sie es, dass die Schüler Rückendeckung der Kirche (Pfarrer Rottmann: „Eine beeindruckende Bewegung“) finden. „Vielleicht sind wir mit unserer Demo ja freitags bald mal hier, um die Tierpark-Besucher über unsere Ziele zu informieren“, regt die Gymnasiastin an.

Die Pinguine hätten ganz sicher nichts dagegen.