Bochum. 2020 soll das Kinderbildungsgesetz reformiert werden. Das bedeutet hohe Mehrkosten für Bochum, freie und kirchliche Träger üben scharfe Kritik.

Mehr kommunale, weniger freie und kirchliche Kita-Träger in Bochum. Diese Veränderung befürchten die katholische und evangelische Kirche, falls ab dem 1. August 2020 das Kinderbildungsgesetz reformiert wird. Die beiden Kirchen erwarten steigende Trägeranteile und finanzielle Belastungen, die so nicht mehr zu schultern seien.

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Dabei soll die Reform das Kinderbildungsgesetz (Kibiz) eigentlich grundlegend reformieren, ein Hauptziel sei eine sichere Finanzierung der Kitas in NRW. Es soll mehr Geld für das Personal geben, weitere Ziele sind zum Beispiel die zeitliche Ausdehnung und Flexibilisierung der Betreuung und die Erweiterung des Elternfreibetrages.

Die Kirchen befürchten: „Das Geld reicht nicht aus“

Das Bistum Essen und die Evangelische Kirche in Bochum befürchten aber: „Das Geld reicht nicht aus.“ In der Mitteilung von allen Bistümer in NRW und den evangelischen Landeskirchen gehen sie noch weiter. Die konfessionellen Träger würden in Summe nicht entlastet, sie müssten mit steigenden Trägeranteilen rechnen. Der Gesetzentwurf löse ein Finanzierungsproblem der kirchlichen Träger deshalb nicht.

Gesetz zur qualitativen Weiterentwicklung der frühen Bildung

Das „Gesetz zur qualitativen Weiterentwicklung der frühen Bildung“ soll das Kinderbildungsgesetz (Kibiz), das seit dem 1. August 2008 die Grundlage der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die frühkindliche Bildung in Nordrhein-Westfalen bildet, grundlegend reformieren.

Tritt das Gesetz am 1. August 2020 in Kraft, bekommen alle Kitas in NRW mehr Geld für Personal. Freie und kirchliche Träger kritisieren allerdings, dass das Geld für Sachkosten fehlt. Außerdem befürchten sie, dass freiwillige Zuschüsse der Kommunen verloren gehen.

Die Gesetz-Reform soll eine zukunftssichere finanzielle Grundlage für die Kindertagesbetreuung in NRW schaffen. Weitere Ziele sind die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Sprachförderung, die Stärkung der Kindertagespflege und die Fachkräftesicherung.

Das sieht auch der freie Bochumer Kita-Träger Arbeiterwohlfahrt (Awo) so. Er befürchtet, dass freiwillige Zuschüsse der Stadt an die freien Träger zukünftig wegfallen – am Ende sogar weniger Geld als vorher da ist. „Durchgerechnet haben wir das noch nicht. Insgesamt entsteht durch ein neues Gesetz ein großer Verwaltungsaufwand. Wir erwarten keine wirkliche Verbesserung“, sagt Maria Hagemeister, Bereichsleitung Kindergarten bei der Awo in Bochum. Um weg vom Verwaltungsaufwand zu kommen und um unabhängiger von den Kommunen zu sein, hätte sie ein komplett neues Gesetz favorisiert.

Keine Kürzungen für Kitas im Haushalt 2020/21

Die Stadt Bochum kann vorerst beruhigen. „Für den Haushalt 2020/21 sind keine Kürzungen an die freien Träger vorgesehen“, sagt Sprecher Thomas Sprenger. Den neuen Gesetzesentwurf bewerte die Stadt grundsätzlich positiv. In einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Nordrhein-Westfalen, die auch Bochum vertritt, heißt es: „Die Regelungen ermöglichen eine qualitative Verbesserung bei der Kinderbetreuung.“ Die Landesmittel für Familienzentren würden von 13.000 auf 20.000 Euro pro Jahr erhöht, der Zuschuss für die Kindertagespflege von 780 auf 1109 Euro pro Kind.

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Insgesamt soll es in NRW laut Gesetzentwurf rund 1,3 Milliarden Euro mehr geben, um strukturelle Unterfinanzierungen zu beseitigen. 750 Millionen Euro kommen von Land und Kommunen – jeweils zur Hälfte. „Aufgrund dessen ergeben sich für die Stadt Bochum nicht unerhebliche Mehrkosten“, sagt Thomas Sprenger. Wie hoch – das weiß die Stadt noch nicht. Es werde sich aber mindestens um einen hohen sechsstelligen, wahrscheinlich sogar siebenstelligen Betrag handeln. Deshalb müsste die Kibiz-Reform genau geprüft werden, da eine zu den Mehrkosten hinzukommende finanzielle Belastung nicht ausgeschlossen werden könne, heißt es in der Stellungnahme der Kommunalen Spitzenverbände.

Paritätischer: „In NRW fehlen 570 Millionen Euro“

Während die Stadt dem neuen Gesetzesentwurf trotz steigender Mehrkosten positiv gegenübersteht, übt auch der Wohlfahrtsverband Paritätische in Bochum Kritik. „Der vorliegende Gesetzesentwurf erfüllt nicht die Erwartungen einer durch die Landesregierung angekündigten grundlegenden Kibiz-Reform“, heißt es von Sprecher Thomas Röll. Weil wegen zu weniger Fachkraftstellen keine Verbesserung bei der Kinderbetreuung erfolge. Zudem schätzt der Wohlfahrtsverband, dass Geld fehlt. Laut Berechnungen der Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände seien es in NRW 570 Millionen Euro für Sachkosten, also vor allem für Verwaltung und Erhaltung von Gebäuden.

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Wie auch die katholischen und evangelischen Kirchen befürchtet der Paritätische, dass durch eine Reduzierung des Trägeranteils auf kommunaler Ebene kirchliche und freie Träger bei der Erfüllung bestimmter sozialer Aufgaben Schaden nehmen könnten. „Hier gilt es auf kommunaler Ebene wachsam zu sein und im Bedarfsfall entschieden politisch entgegenzuwirken“, kündigt Röll an. Die Stadt beruhigt aber auch bei dieser Befürchtung vorerst: Es werde dadurch keine Veränderung in der Trägerlandschaft geben, sagt Sprenger. „Es ist in Bochum nicht beabsichtigt in großem Umfang weitere städtische Kitas zu schaffen.“