Ralf Schmidts Stand ist ein Traum für Honig-Liebhaber.
Der Baum vor der Pauluskirche hat trotz der frostigen Witterung dieser Tage einen warmen Stamm. Der Dortmunder Imker Rolf Schmidt hat seinen Stand nämlich kurzerhand um ihn herumgebaut; das Rondell dient ihm als Auslagefläche. Und das ist nicht das einzige Ungewöhnliche an Stand Nummer 246: Schon von außen fallen die Fachwerkwände auf. Genau wie der Torbogen sind sie Teil eines Bauernhauses von 1836. Im Inneren dieser historischen Verpackung stapeln sich Produkte, bei denen sich alles um das älteste Süßungsmittel der Welt dreht: von Honigwaben über Met bis hin zu Badekugeln.
„Mein Onkel hatte Bienen und hat mir ein Bienenvolk geschenkt”, erinnert sich Schmidt an seine Anfänge. Und so sattelte der gelernte Erzieher mit 23 Jahren kurzerhand auf die Imkerei um. Auch wenn er damit seine Brötchen verdient – auf die er übrigens nur ganz selten mal Honig schmiert – sind die Bienen zugleich sein Hobby geblieben. Das zeigt sich auch in seinem Sortiment.
„Ich hab' so eine Sammelleidenschaft”, verrät er und deutet auf die aufgereihten Honiggläser. Von fast weiß bis olivgrün, von süß bis bitter – wieviele Honigsorten er inzwischen im Angebot hat, weiß der 55-Jährige selbst nicht. Portugal, Chile, Kuba, Tasmanien – die Etiketten lesen sich wie ein Atlas der Honigländer. Diese exotischen Sorten sind natürlich fremdgesammelt. Aber auch Schmidts eigene Bienen summen nicht nur durchs heimische Dortmund. Von Rügen bis zum Schwarzwald schwärmen sie aus, um dem Imker Raps- oder Tannenhonig zu bringen. Diese Strecken legen die schwarz-gelben Sammler allerdings nicht auf den eigenen Flügeln zurück: Schmidt fährt sie mit dem LKW dorthin. „Eine Biene fliegt nur bis zu zwei, drei Kilometern”, erklärt er. „Sonst verbrennt sie mehr Nektar, als sie zurückbringt.”
165 Bienenvölker drehen inzwischen für den Dortmunder ihre Runden. Die Beute sind zehn bis 20 Tonnen Honig pro Saison – das sind 40 000 Gläser. Kein Wunder, dass Schmidt auf seinen Raubzügen nicht ungeschoren davonkommt. „100 Stiche am Tag sind keine Seltenheit.” Aber er hat sich schon längst daran gewöhnt. „Das ist für mich, als wenn ein Förster an einer Tanne hängenbleibt.”
Etwas sticht ihn aber doch, und zwar in der Nase. Zwar hat er selbst „schon gern eine Kerze brennen”, aber den Honigduft nimmt er in seinem Häuschen vor der Pauluskirche gar nicht mehr wahr. „Wenn der Weihnachtsmarkt rum ist, dann riech' ich's erst wieder.”