Bochum. Bochumer Hautärzte gehen jetzt auch in Kindergärten, um für ausreichenden Sonnenschutz zu werben. Denn jeder Sonnenbrand kann sich später rächen.

Als „Verbrechen“ brandmarkt Dr. Michael Ardabili die Sorglosigkeit vieler Eltern, die ihre Kinder ungeschützt der Sonne aussetzen. Aufklärung tut not, konstatiert der Bochumer Hautarzt. Regelmäßig besucht er Kindergärten, um Eltern und Erzieher zu warnen. Die beteiligten Kitas erwerben den „Sun Pass“. Im nächsten Jahr haben weitere Einrichtungen die Chance, das Zertifikat zu erhalten.

Seit 15 Jahren praktiziert Michael Ardabili mit Kollegen im „DermaCentro Bochum“ an der Wittener Straße in Altenbochum. Trotz aller Mahnungen sei es um den Sonnenschutz gerade bei Kindern schlecht bestellt, beobachtet der Dermatologe. „Noch immer spielen Jungen und Mädchen in der gleißenden Sonne“ – nicht nur im Urlaub, sondern längst auch daheim, wo die Sommer durch den Klimawandel immer länger und sonnenintensiver werden.

Kinderhaut hat noch keinen Eigenschutz

Das könne sich 30, 40 Jahre später rächen, weiß der Facharzt aus täglicher leidvoller Erfahrung. „Kinder sind besonders gefährdet. Ihre Haut ist noch sehr dünn und hat keinen natürlichen Eigenschutz.“ Das Risiko, im Laufe des Lebens an Hautkrebs zu erkranken, werde durch jeden einzelnen Sonnenbrand im Kindesalter stark erhöht.

Was tun? Informieren, appellieren, motivieren. So früh wie möglich. Das hat sich der Verein „Dermaticon“ zur Aufgabe gemacht. Früher war der 2008 gegründete Ärzteverbund mit seinen 20 angeschlossenen Praxen im Revier ausschließlich in Schulen im Einsatz. Nun sind auch Kindergärten im Fokus. Dabei kooperieren die Hautärzte mit der Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen, die den „Sun-Pass“ vergibt: ein Zertifikat, das ausweist, dass sich die Kitas ausreichend um den Sonnenschutz kümmern.

Hautarzt Dr. Michael Ardabili ist einer der Bochumer Initiatoren des „Sun-Pass“.Projektes.
Hautarzt Dr. Michael Ardabili ist einer der Bochumer Initiatoren des „Sun-Pass“.Projektes. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Fachärzte bringen Creme-Proben mit

„Prävention ist immens wichtig“, weiß Michael Ardabili, der dafür gern auch nach Praxisschluss unterwegs ist. In Vorträgen in Kindergärten erläutert er die gefährliche UV-Strahlung, gibt Tipps fürs richtige Eincremen und bringt Proben und Info-Broschüren mit. In der vergangenen Woche war der 56-Jährige im Awo-Kindergarten Am Schamberge in Linden zu Gast. „Das Interesse ist überall groß“, beobachtet Ardabili. Ebenso wie die Wissenslücken, die sich bei manchem Erwachsenen auftun: „Die erbgutschädigende Wirkung der UV-Strahlung wird nach wie vor unterschätzt.“ Deutlich steigende Hautkrebs-Erkrankungen sind die fatale Folge.

Krebsgesellschaft koordiniert die Termine

Kindergärten, die Interesse an dem „Sun-Pass“-Projekt haben, können sich bei der Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf melden. E-Mail: sunpass@krebsgesellschaft-nrw.de. Dort werden aktuell die Termine für 2020 koordiniert.

„Das Zertifikat“, sagt der Bochumer Facharzt Michael Ardabili, „kann für Eltern bei der Auswahl der Kita ein wichtiges Kriterium sein.“

Die Kita-Besuche der Hautärzte starten stets im zum Beginn der Sommersaison im April/Mai. Sponsor ist die Krankenkasse IKK classic.

Weitere Infos auf www.krebsgesellschaftnrw.de/sunPass.

Mehr als 100 Kindergärten in NRW sind inzwischen mit gutem Beispiel vorangegangen und haben den „Sun Pass“ erworben. Dafür müssen sie u.a. dafür Sorge tragen, dass die Kleinen draußen angemessene Kopfbedeckung und Bekleidung tragen sowie aus-, rechtzeitig und regelmäßig eingecremt werden. Im Außenbereich müssen genügend Schattenplätze vorhanden sein. Und: Auch die Mitarbeiter „müssen ihre Vorbildfunktion erfüllen, besonders im Hinblick auf Kleidung und Kopfbedeckung“, betont die Krebsgesellschaft NRW und verlangt für ihr Sonnen-Siegel auch eine „UV-Ecke“ mit tagesaktuell angezeigtem UV-Index.

„Sun-Pass“-Kitas werden jährlich neu geprüft

Im Lindener Awo-Kindergarten stieß Michael Ardabili mit seinem „Sun-Pass“-Vortrag auf rege Resonanz. „Die Anwesenden haben auf jeden Fall profitiert und werden bestimmt durch den Austausch untereinander auch andere Eltern und Kollegen mitnehmen“, bedankt sich Leiterin Heike Blotenberg.

Derweil bereitet sich der Hautarzt bereits auf den nächsten Besuch vor. Nächste Woche geht’s in die „Outlaw“-Kita an der Königsallee. Sie hat die Auszeichnung 2018 erhalten. Bei einer Begehung wird nun geprüft, ob nach einem Jahr noch alle Bedingungen eingehalten werden.

„Die Kinder“, sagt Michael Ardabili, „werden’s uns irgendwann danken.“