Bochum. Die Bochumer Schulen stellen sich der Herausforderung, dass immer weniger Kinder die deutsche Sprache beherrschen. Es gibt verschiedene Konzepte.

Es ist ein ein ganz besonderer Tag für 2893 Bochumer Mädchen und Jungen. Am Donnerstag (29.) haben sie ihren ersten Schultag. An diesem ersten Tag lernen sie, versorgt mit ihren Schultüten und stolzen Eltern und Großeltern als Gäste, eine ganz neue Welt kennen. Doch für die Schulen, vor allem die Grundschulen, bedeutet dieser Tag aus einem ganz anderen Grund eine große Herausforderung: Immer mehr Schüler sind darunter, die die deutsche Sprache gar nicht oder nur sehr schlecht beherrschen.

Das Gesundheitsamt dokumentiert bei den verpflichtenden Schuleingangsuntersuchungen auch die Deutschkenntnisse der Kinder. Bei den Untersuchungen 2016/2017 stellten die Mediziner dabei fest, dass gut ein Fünftel der Kinder, die nicht deutsch als Muttersprache haben, entweder die Sprache gar nicht oder nur rudimentär beherrschen. Ein weiteres Fünftel spricht zwar flüssig deutsch, aber mit erheblichen Fehlern. Erhoben wurden diese Daten von rund 1000 Schulanfängern, was einen Anteil von 38 Prozent an allen Bochumer i-Dötzchen ausmacht. Die Stadt weist darauf hin, dass die Zahlen der Untersuchungen 2018/19 noch nicht vorliegen.

Untersuchungen zu Deutschkenntnissen

Bei den Schuleingangsuntersuchungen durch das Gesundheitsamt ist auch ein direkter Zusammenhang zwischen dem Bildungsstatus der Eltern und der Sprach- und Sprechfähigkeit festgestellt worden.

Die offiziellen Bochumer Zahlen – zwischen 2014 und 2017 erhoben – zeigen, dass bei Kindern, die aus einem Elternhaus mit niedriger Bildung stammen, bei jedem zweiten Kind Sprach- und Sprechstörungen festgestellt worden sind. Bei Kindern mit einem höheren Bildungshintergrund liege eine Störung nur bei jedem vierten Kind vor.

In einem längerfristigen Vergleich, der sämtliche Sprach- und Sprechstörungen seit 2009 berücksichtigt, stieg der Anteil von 28,45 Prozent auf 36,4 Prozent (2016/17) an. Hier sind allerdings nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund, sondern auch das Stottern oder andere Störungen bei allen Kindern aufgeführt.

Deutschkurse für die Eltern angeboten

Schulen stellen sich dieser Aufgabe mit ganz unterschiedlichen Konzepten. Tanja Knopp, Schulleiterin der Wattenscheider Gertrudisschule, an der Kinder aus 50 Nationen unterrichtet werden, spricht von „einer sehr großen Herausforderung“. Doch sie und ihrer Kollegen und Kolleginnen stellen sich dem Thema und versuchen es positiv umzusetzen und dies, wie Tanja Knopp bemerkt, bei immer wieder fehlenden Lehrerstellen. An ihrer Schule gibt es zudem derzeit 29 Seiteneinsteiger, das sind Kinder aus Flüchtlingsfamilien. Diese Kinder würden zudem häufig die Schule wechseln, was auch nicht der Integration diene.

Besonders schwer haben es Kinder, in deren Familien überhaupt kein deutsch gesprochen wird.
Besonders schwer haben es Kinder, in deren Familien überhaupt kein deutsch gesprochen wird. © dpa | Arno Burgi

Ein Rezept von Tanja Knopp: „Ich versuche soviel Material wie möglich zu bekommen. Es gibt zudem Kooperationen etwa mit dem Lions-Club“. Die Förderung selbst findet dann im Regelunterricht statt. Es gibt Selbstlernhefte oder mehr und mehr sehr gute computergestützte Verfahren. „Wir warten daher dringend auf einen Ausbau der Digitalisierung. Das würde uns hier sehr helfen.“

Daneben macht die Schule Angebote für Eltern, um auf diesem Wege auch die Familien, in denen oft überhaupt kein deutsch gesprochen werde, einzubinden. In einem solchen Projekt lernen etwa gerade 25 Mütter in einem Sprachkurs deutsch.

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In Bochum hat sich viele Jahre der Verein Ifak, der sich seit mehr als 50 Jahren um die Integration ausländischer Kinder kümmert, um die Sprachförderung bemüht. „Wir haben die Lehrer bei der Sprachförderung gezielt unterstützt“, sagt Roman Gerhold vom Bildungswerk der Ifak. Insbesondere ab 2015 wurden Flüchtlingskinder dabei in den Schulen gesondert gefördert. Vor allem die vier Gesamtschulen und Kollegschulen hatten davon profitiert. Doch dieses Projekt sei jetzt ausgelaufen.

Bezirksregierung geht neue Wege

Ganz aktuell ist ein Vorstoß der Bezirksregierung Arnsberg: 16 Lehrer, die einst selbst als Flüchtlinge nach Deutschland kamen, aber in ihrer Heimat ein Studium abgeschlossen haben, werden eingestellt. In Bochum sind drei solche Stellen geschaffen worden. Dies helfe der Integration der Lehrer, wirke jedoch auch in die Schulgemeinschaft hinein. Wenn diese aus vielen Nationalitäten bestehe, müsse sich dies auch im Kollegium widerspiegeln.