Bochum-Langendreer. Altes Gutachten bestätigt: Untergrund am Rüsselsheimer Weg in Bochum-Langendreer ist kontaminiert. Dort sollen 16 Einfamilienhäuser entstehen.

Viel wurde in den letzten Wochen in der Nachbarschaft rund um den Rüsselsheimer Weg diskutiert. Bebaut werden soll das Brachgelände zum Neggenborn hin. Dort, wo im Untergrund Altlasten schlummern. Die Zeche Mansfeld und eine frühere Kläranlage für den Ölbach lassen grüßen. Die Aufregung im Viertel groß. Und sie reißt alte Wunden auf.

Anwohner Michael Loepke, der zusammen mit ein paar Nachbarn mittels einer Online-Petition Unterschriften gegen die Bebauung sammelt und vor gut zwei Wochen auch eine Bürgerversammlung veranstaltete, hatte jetzt Besuch von einer Frau, die früher am Rüsselsheimer Weg bauen wollte. Damals, in den 80er Jahren. Doch sie durfte nicht.

Tanja Laser und Michael Loepke sind gegen einen Bebauung am Rüsselsheimer Weg. Auf dem Hügel, wo sie stehen, sollen Einfamilienhäuser gebaut werden.
Tanja Laser und Michael Loepke sind gegen einen Bebauung am Rüsselsheimer Weg. Auf dem Hügel, wo sie stehen, sollen Einfamilienhäuser gebaut werden. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Das habe ihr und noch zwölf anderen Bauherren finanziell das Genick gebrochen, berichtet Michael Loepke von dem offenbar sehr emotionalen Gespräch. „Die Frau sagte mir, sie habe nicht mehr schlafen können, nachdem sie den Artikel über den Rüsselsheimer Weg in der WAZ gelesen hat. Alles sei in diesem Moment wieder hochgekommen.“

Baustopp von der Stadt

Architekten, Probebohrungen – die Frau und all die anderen, die am Rande der damaligen Opel-Siedlung bauen wollten, seien auf ihren Kosten sitzen geblieben, weiß Michael Loepke jetzt. „Denn die Stadt Bochum hatte ein Baustopp für das Gelände verhängt, nachdem die Ergebnisse der Probebohrungen vorlagen.“ Eine Kopie des Gutachtens (von 1986) hat nun auch Michael Loepke – und die WAZ, die er informierte. „Die Frau hat noch alle Unterlagen von damals und auch Fotos, die sie zu unserem Treffen mitgebracht hat.“

Proben weisen verunreinigten Boden nach

Die Proben haben demnach Bodenverunreinigungen durch polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, auch Benzo(a)pyren genannt, nachgewiesen. Und zwar in einer Konzentration, die die Grenzwerte „um ein Vielfaches“ überschreitet. Benzo(a)pyren gilt als giftig, umweltgefährlich und krebserregend. Weil damals auf dem untersuchten Gelände eine Wohnbebauung mit zwölf Reihenhäusern geplant war, sahen die Gutachter eine Sanierung als „dringend erforderlich“ an – auch aufgrund „der teilweise erhöhten Schwermetall- und Arsengehalte“.

Hoffen auf Probebohrungen

Michael Loepke will „dran bleiben“ und weiter alles dafür tun, dass in seiner Nachbarschaft nicht gebaut wird. Aktuell hat er beobachtet, dass das Gelände wohl eingezäunt wird. „Ich hoffe, dass noch Probebohrungen vorgenommen werden.“

Das Gutachten von 1986 hat Loepke auch an die SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Ost, das Umweltamt und das Bauordnungsamt geschickt. Also all jenen, die auch zur Bürgerversammlung gekommen waren.

Auch dort war auf den giftigen Untergrund hingewiesen worden. „Wir haben damals, vor 30, 40 Jahren, eine schriftliche Warnung erhalten, dass wir in dem Bereich keine Beeren essen und auch unsere Kinder nicht spielen lassen sollen“, hatte sich eine Frau zu Wort gemeldet. Dem Gutachten zufolge erfolgte die Warnung aus gutem Grund.

Das Grundbaulaboratorium Bochum, das das Gutachten zur „Altlastengefährdungseinschätzung“ damals erstellt hat, riet dazu, „im Bereich der Reihenhäuser eine vollständige Auskofferung des angeschütteten Materials und Ersatz durch verdichtungsfähigen Boden“ vorzunehmen. Auch im Bereich der Gärten sei ein Austausch der obersten Bodenschicht erforderlich. So weit kam es bekanntlich nicht. Gebaut wurde nie.

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Bebauungsplan existiert

Bis jetzt vielleicht. Denn ein Bebauungsplan existiert weiterhin für dieses Areal. Dieser sieht Ein- und Zweifamilienhäuser dort vor. „Ein Nachbar von dem Grundstück, das bebaut werden soll, hat auf Nachfrage Antwort von der Stadt Bochum bekommen, dass dort eine Bauvoranfrage für 16 Einfamilienhäuser inklusive Garage gestellt worden ist“, berichtet Michael Loepke. Gleichwohl sei noch keine Baugenehmigung erteilt worden, heißt es aus dem Rathaus.

Loepke ist nach wie vor der Ansicht, dass dort nicht gebaut werden darf. Er bezieht sich auf die Fotos aus den 80ern, die eindrucksvoll belegen, wie es unter dem Rüsselsheimer Weg aussieht. „Angesichts der Altlasten sollte dort niemand bauen dürfen und die Häuser dann ahnungslosen Familien verkaufen.“

Wer sich an der Onlinepetition beteiligen und unterschreiben möchte: openpetition.de/!pfsbq