Bochum. Der Ernährungsrat setzt sich auf lokaler Ebene für nachvollziehbare Lebensmittelproduktion ein. Dabei behält er auch globale Fragen im Auge.

Klimaschutz, Gesundheit, Arbeitsverhältnisse: Beim Gespräch fällt irgendwann das Stichwort „nachhaltige Ernährung“. Doch was bedeutet dieses „nachhaltig“ überhaupt? Welche Faktoren spielen eine Rolle bei der Lebensmittelproduktion? Und wie finde ich heraus, unter welchen Bedingungen der Brokkoli den Weg auf meinen Tisch gefunden hat? Kurz: Wo anfangen?

Eine gute Möglichkeit bietet der Bochumer Ernährungsrat. In der Initiative in Gründung tummeln sich zur Zeit etwa 15 Aktive, die sich intensiv mit einer zukunftsfähigen und gesunden Nahrungsmittelversorgung auseinandersetzt. Saisonal und regional sind dabei ebenfalls wichtige Aspekte – womit der Rat in Bochum vor einer ganz besonderen Herausforderung steht.

Für Ernährungsdemokratie einsetzen

Da das Ruhrgebiet der fünftgrößte urbane Ballungsraum in Europa ist, befinden sich nur wenige Höfe in der Nähe. Die noch überschaubare Gruppe hat es allerdings in sich, denn die meisten Mitglieder sind bereits in anderen Initiativen wie zum Beispiel „Slow Food“ oder „Urbane Gärten“ aktiv oder setzen sich beruflich mit Ernährung auseinander.

Plattform „Marktschwärmer“ gibt Überblick

Das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft bietet eine Alternative, etwa zum Gemüseeinkauf im Supermarkt. Eine Gruppe von Haushalten finanziert mit einem monatlichen Beitrag landwirtschaftliche Erzeugung und Löhne eines Hofes und erhält im Gegenzug die Ernte. In Dortmund und in Gelsenkirchen befinden sich die nächsten Gemeinschaften.

Die Onlineplattform „Marktschwärmer“ bietet transparenten und regionalen Lebensmitteleinkauf. Hier kann man online angeben, was man beim nächsten Termin abholen möchte. Die Produkte werden dort von den Erzeugern selber verkauft. In Bochum findet mittwochs von 17 bis 18 Uhr eine „Schwärmerei“ am Imbuschplatz, Stühmeyerstr. 33, statt. Infos unter www.marktschwaermer.de.

So auch Alessa Heuser und Anne Siebert: Während erstere bereits mehrere Jahre als agrar- und ernährungspolitische Referentin gearbeitet hat, ist Anne Siebert Sozialwissenschaftlerin mit einem Forschungsschwerpunkt im globalen Ernährungskontext. „Wir setzen uns für eine sogenannte Ernährungsdemokratie ein“, sagt Alessa Heuser. Das heißt, dass Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln transparenter werden sollen und stärker durch Verbraucher kontrolliert werden können. Konkret hat die Gruppe etwa an einer Höfetour der Slow-Food-Initiative teilgenommen und sich einen Hof in Wetter angeschaut. „So können wir die Produktion kennenlernen und auch über das Hofsterben diskutieren und überlegen, wie wir an dieser Stelle helfen können.“

Plattform zur Ideensammlung

Im Gespräch mit den beiden Frauen wird schnell deutlich, dass der Einkauf im Bioladen zwar eine Alternative zum herkömmlichen Supermarkt bietet, jedoch nicht die Lösung aller Probleme ist. Die kann natürlich auch der Ernährungsrat nicht bieten, dafür allerdings eine politische und soziale Plattform zur Ideensammlung, Diskussion und Umsetzung.

„Bio und gute Nahrung sind in der Regel teuer. Hier stellt sich natürlich die Frage, warum das so ist und warum etwa nachhaltige Höfe vom EU-Agrarsubventionssystem nicht mehr unterstützt werden als andere Höfe“, sagt Anne Siebert. Denn auch die Frage nach dem Geld spielt im Ruhrgebiet mit seiner hohen Armutsquote noch einmal eine andere Rolle als in anderen Regionen.

Besser kennenlernen

Durch ihre Arbeit und ihr Interesse können Anne Siebert und Mitstreiterin Alessa Heuser vielschichtige und weitsichtige Informationen über Zusammenhänge von globalen und regionalen Problemen und auch Alternativen zum Lebensmitteleinkauf geben. Doch bei aller Ernsthaftigkeit, mit der sie das Thema Ernährung angehen, möchten sie in der Gruppe auch den sozialen Aspekt im Auge behalten: „Meistens diskutieren und besprechen wir Aktuelles. Unser Sommerpicknick ist aber in erster Linie dazu gedacht, dass wir uns besser kennenlernen und einfach eine gute Zeit miteinander verbringen.“

Im Alsengarten tragen die Teilnehmenden Snacks zusammen und werden durch den Gemeinschaftsgarten geführt. In den nächsten Monaten steht zudem die Gründung an – wann genau, steht allerdings noch nicht fest.