Bochum. Es gibt zu viele Krankenhäuser – heißt es in einer neuen Bertelsmann-Studie. Gilt das auch für Bochum mit seinen immerhin zehn Kliniken?
Es gibt zu viele Krankenhäuser. Das ist eines der Ergebnisse der jüngsten bundesweiten Bertelsmann-Studie. Viele Kliniken seien zu klein, stünden wirtschaftlich schlecht da und verfügten nicht über genügend Fachkompetenz. Die These: Weniger ist mehr, auch vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftemangels. Gilt das womöglich auch für Bochum mit seinen insgesamt zehn Kliniken?
Rein statistisch betrachtet herrscht ein deutliches Überangebot an Betten in der Stadt. In Deutschland liegt die durchschnittliche Anzahl der Krankenhausbetten je 1000 Einwohner bei 6,2, in NRW sogar bei 6,8 – in Bochum derzeit etwa bei 9,7. Indes haben einige Häuser wie etwa das Bergmannsheil, das Marien-Hospital oder die LWL-Klinik für Psychiatrie als Spezialkliniken Bedeutung weit über die Stadtgrenzen hinaus. Sie versorgen zahlreiche Patienten, die nicht aus Bochum kommen. Als Bestandteil der Gesundheitsbranche, die mittlerweile zu den wichtigsten der Stadt gehört, ist die ausgeprägte Krankenhaus-Landschaft längst ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor geworden. Die Kliniken sind zudem Arbeitgeber von insgesamt mehr als 7000 Beschäftigten.
Aber nicht alle sind offenbar tragfähig. So kämpft das St.-Josefs-Hospital in Linden um seinen Bestand. „Der stetige Rückgang an Patienten und die dadurch geringe Auslastung zeigen, dass die Situation durch die Dichte der umliegenden, weit größeren und spezialisierten Krankenhäuser immer schwieriger wird“, so Marina Dorsch, Sprecherin der Helios Kliniken GmbH. Die Rede ist von „einem weiterhin negativen Betriebsergebnis“. Und: „Wir prüfen derzeit alle möglichen Optionen und suchen für die Weiterführung des Standortes nach guten Lösungen.“ Dazu gehöre auch die Suche nach einem strategischen Partner.“ Wie schwierig die Lage des Hauses ist, war vor einigen Wochen durchgesickert, als bekannt wurde, dass der dringend notwendige Neubau der am Hospital angedockten Schule für Kranke am Helios-Konzern gescheitert ist.
Knappschaft mit sattem Gewinn
Auch ein anderes Haus hat zumindest 2017 rote Zahlen geschrieben: Das Bergmannsheil schloss das Geschäftsjahr mit einem Verlust von 3,3 Millionen Euro ab – wohl auch als Folge des Brandes von 2016 und der danach deutlich reduzierten Bettenzahl. Die indes ist durch einen Neubau mittlerweile kompensiert. Als berufsgenossenschaftliche Einrichtung ist das Bergmannsheil zudem ebenso Teil eines starken Systems wie das Knappschaftskrankenhaus in Langendreer.
Ausgewogene Balance ist wichtig
Die Bertelsmann-Studie richte sich vorrangig zwar an die somatischen Krankenhäuser. „Sie ist aber auch für die Diskussion um die Zukunft der psychiatrischen Kliniken interessant“, sagt Prof Dr. Meinolf Noeker, LWL-Krankenhausdezernent.
Beides, eine a usgewogene Balance zwischen Konzentration auf große Standorte und Versorgung in der Fläche, sei wichtig.
Das Kernthema des Gutachtens sollte nach seiner Einschätzung nicht „Bettenschließung“ lauten, sondern „patientengerechte Arbeitsteilung zwischen Zentren und Grundversorgung“.
Andere Häuser arbeiten – als Teil eines größeren Verbundes – erfolgreich: Das Knappschaftskrankenhaus etwa verbuchte 2017 als Bochums wirtschaftlich erfolgreichste Klinik einen Gewinn von 7,1 Millionen Euro, das Katholische Klinikum erwirtschaftete einen Überschuss von knapp 6,2 Millionen Euro. Und die August-Kranken-Anstalt erzielte immerhin einen Gewinn von 2,8 Millionen Euro.
Spezialisierung gefordert
Der wirtschaftliche Erfolg ist dabei offenbar das Ergebnis von Größe und Spezialisierung. So gehören zum Konzern Katholisches Klinikum Bochum (KKB) mittlerweile fünf Krankenhäuser in der Stadt, zuletzt übernahm er das kriselnde Martin-Luther-Krankenhaus in Wattenscheid mit seinen knapp 580 Beschäftigten. „Dort machen wir, so wie vor einiger Zeit beim Marien-Hospital auch, genau das, was die Politik seit einiger Zeit fordert“, sagt KKB-Pressesprecher Jürgen Frech. Aus Häusern, die vorher die gesamte Grundversorgung angeboten haben, werden spezialisierte Kliniken: im Fall Marien-Hospital ein Zentrum für Altersmedizin und nun beim Luther-Krankenhaus eine Klinik mit den Schwerpunkten Endoprothetik und für Venenerkrankungen.
Zusammenarbeit in Aussicht
Und damit ist offenbar das Ende der Konzentration noch nicht erreicht. Mittelfristig wollen die Nummer eins des Marktes, das KKB, und – nach der Zahl der Betten – die Nummer 3, die Augusta-Kranken-Anstalt, zusammengehen. „Beide Häuser sind der Auffassung, dass eine Zusammenarbeit sehr sinnvoll ist“, sagte Prof. Christoph Hanefeld, medizinischer Geschäftsführer und Sprecher der KKB-Geschäftsführung, Anfang des Jahres. Die noch für diesen Sommer erwartete Positionierung durch die Eigentümer, Stiftungen und Kirchen, ist zwar noch nicht gefallen. „Aber die Gespräche laufen“, sagt KKB-Pressesprecher Jürgen Frech.