Bochum. Der ehemalige Leiter des Bochumer Stadtarchivs, Johannes Volker Wagner, feiert seinen 80. Geburtstag. Ein guter Anlass, um zurückzublicken.

Über 30 Jahre lang prägte Johannes Volker Wagner als Leiter des Bochumer Stadtarchivs den Blick auf die Geschichte dieser Stadt. In seiner Zeit, zwischen 1974 und 2004, öffnete sich das Archiv erstmals für die Bürger und beschritt einen damals völlig neuen Weg der Erkundung der Stadtgeschichte. Am heutigen Freitag (28. Juni) feiert Johannes Volker Wagner seinen 80. Geburtstag. Anlass genug, um einen Rückblick zu wagen.

Aus dem Saarland ins Ruhrgebiet

Der gebürtige Saarländer studierte in Saarbrücken und an der Sorbonne in Paris Geschichte, Germanistik, Kunstgeschichte und Romanistik, promovierte über Graf Wilhelm von Fürstenberg und arbeitete zunächst als Referent beim Bundesarchiv in Koblenz, bis er 1974 als Direktor des Bochumer Stadtarchivs ins Ruhrgebiet wechselte. „Das Archiv war damals nicht zu vergleichen mit heute“, erinnert sich Wagner. Schon bald zog es mit seinen Beständen um ins ehemalige Lager des Möbelhauses Hein de Groot an der Kronenstraße. Hier begann Wagner, seine Vision eines modernen Archives umzusetzen.

Sein Konzept: Zeitzeugen, Artefakte und das bewegte Bild sollten Geschichte fühlbarer und unmittelbar begreifbar machen. Sein großes Thema sollte der Nationalsozialismus und seine konkreten Auswirkungen auf das Leben werden. Bücher erschienen, Wagner griff selbst zum Mikrofon und besuchte Menschen, die aus eigener Anschauung Krieg und Faschismus noch erlebt hatten.

„Da gab es anfangs große Widerstände in der Stadt. Die Leute wollten Ruhe, sich nicht mehr beschäftigten mit dieser Zeit“, weiß Wagner. Doch er blieb beharrlich, setzte seine Konzepte um und durch. Der WDR zeigte viele seiner Filme wie „Stadt im Krieg“. Wagner erschloss bisher noch unveröffentlichtes Filmmaterial und hielt den Menschen den Spiegel vor. Das schmerzte viele, doch er bekam auch viel Zuspruch. In der Fachwelt sprach sich sein Stil schnell herum. Ähnliche Konzepte entstanden danach in vielen Städten.

Eine seiner bekanntesten Ausstellungen: Eine Revierstadt wird braun Anfang der 90er Jahre. Daraus eine Szene mit Hitler.
Eine seiner bekanntesten Ausstellungen: Eine Revierstadt wird braun Anfang der 90er Jahre. Daraus eine Szene mit Hitler. © Foto: Michael Korte

Ruf nach Berlin abgelehnt

Schließlich gab es für Wagner gar die Gelegenheit, an das renommierte Deutsche Historische Museum in Berlin zu wechseln. „Da habe ich lange überlegt, doch mich schließlich entschieden, in Bochum zu bleiben.“ Später entdeckte er seine große Liebe zu Russland. Seine Ausstellung über den gebürtigen Bochumer Heinrich Ostermann, der als Diplomat am Zarenhof Karriere machte, wurde weit über Bochum hinaus beachtet. Mit Russland und den deutsch-russischen Bezügen und Verwicklungen beschäftigt sich Wagner immer noch. Einmal pro Jahr reist er nach Moskau, um sich dort mit jungen Wissenschaftlern auszutauschen.

„In der Rückschau bin ich glücklich“

Sein Fazit zu seiner Zeit in Bochum ist frei von Sentimentalität: „Es macht mich aber in der Rückschau glücklich, dass es mir gelungen ist, die Öffentlichkeit so an die Geschichte ihrer Stadt heranzuführen.“

Zu seinem Geburtstag hat er sich selbst das Geschenk gemacht, noch einmal Venedig zu bereisen. Von dort wird er auf seine Zeit in Bochum und sein Leben mit den Augen des Historikers schauen.