Bochum. Bei einem dramatischen Hausbrand in Bochum sind 16 Bewohner verletzt worden. Die Kripo glaubt an Brandstiftung. Eine Mordkommission ermittelt.
Es war einer der dramatischsten und gefährlichsten Brände der vergangenen Jahre in Bochum. 27 Menschen eines alten Mehrfamilienhauses am Werner Hellweg, im Herzen der Werner Einkaufsstraße, befanden sich in akuter Lebensgefahr. Der komplette Treppenraum aus Holz brannte vom Keller bis ins Dachgeschoss lichterloh. 16 Menschen wurden durch das Einatmen von Rauch leicht verletzt, darunter eine Schwangere. Einige von ihnen wurden ins Krankenhaus gebracht.
„Es spricht sehr viel für eine vorsätzliche Brandstiftung“, sagte Polizeisprecher Volker Schütte am Freitagnachmittag dieser Zeitung. Die Polizei hat eine Mordkommission unter Leitung von Kriminalhauptkommissar Elmar Lüssem eingerichtet. Hintergründe und mögliche Tatmotive sind noch völlig unklar.
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„Hilfe, in unserem Haus brennt es und wir kommen nicht aus unserer Wohnung! Kommen sie ganz schnell!“ Mit diesen Worten alarmierte ein Bewohner des Hauses in der Nacht zu Freitag um 3.13 Uhr die Feuerwehr. Blitzschnell rasten aus der Hauptwache, die nur wenige hundert Meter entfernt steht, zwei Löschzüge zu dem Haus an der Einmündung der Straße „Deutsches Reich“. Aus den Fenstern drang dichter Rauch, aus der Hauseingangstür an der Rückseite des Gebäudes schlugen offene Flammen. Den insgesamt sechs Mietparteien war der Fluchtweg völlig versperrt. „,Man hat die Flammen durch den Wohnungstürschlitz am Boden gesehen“, berichtete der Hausbewohner Julian Lutze dieser Zeitung.
„Mein Bruder ist durch einen Knall wach geworden“
„Die Menschen standen alle am Fenster und haben Hilfe gerufen“, sagt der 18-Jährige. Die Feuerwehr setzte zwei Drehleiter an mehreren Gebäudeseiten ein. „Insgesamt 16 Personen wurden so aus akuter Lebensgefahr gerettet und dem Rettungsdienst übergeben“, berichtet Feuerwehrchef Simon Heußen. Auch Kinder sollen unter den Geretteten gewesen sein. Nach 45 Minuten hatte die Feuerwehr, die im Innern des Gebäudes mit drei Strahlrohren löschte, den Brand unter Kontrolle.
Julian Lutze konnte sich selbst in Sicherheit, denn er wohnte im ersten Stock. „Ich habe geschlafen. Dann ging es auf einmal los. Mein Bruder ist durch einen Knall wach geworden. Daraufhin hat er direkt meine Mutter geweckt, die hat meine weiteren drei Brüder und meine Freundin und mich geweckt. Wäre mein Bruder nicht gewesen, wären wir wohl erstickt.“
Aus dem Fenster heraus sind Lutze und Familienmitglieder dann auf ein sehr schmales Vordach geklettert. Auf diesem liefen sie um mehrere Hausecken herum, bis sie eine geeignete Stelle fanden, um auf den Gehweg hinabzusteigen. Auch zwei Katzen in zwei Körben nahm die Familie mit. Eine dritte Katze hatte sich unterm Bett versteckt; sie wurde später von Feuerwehrkräften entdeckt und gerettet. Einige Hausbewohner standen später nur leicht bekleidet auf der Straße.
„Es hat sehr stark nach Benzin gerochen“
Jetzt ermittelt die Kripo die Brandursache. Was ein Zeuge sagt, lässt die Beamten besonders aufhorchen: „Es hat sehr stark nach Benzin gerochen.“ Und eine weitere Zeugin zitiert eine Hausbewohnerin so: „Sie hat gesehen, wie eine Person mit Parka und Kapuze in den Hauseingang gegangen ist, dann ist sie wieder raus und kurz darauf hat es Bumm! gemacht.“ Zeugenaussagen zufolge hat es sogar dreimal geknallt. Im Keller des Hauses sollen Gasflaschen gelagert haben. Die Hauseingangstür soll seit langem defekt und deshalb nie verschlossen sein.
Das Haus ist zumindest vorläufig unbewohnbar und polizeilich versiegelt Die Bewohner kommen nun bei Verwandten und Freunden unter.
Haus ist vorläufig unbewohnbar
Brandermittler waren am Freitagnachmittag im Haus, dass wegen der Brandschäden nur „bedingt begehbar“ ist, so die Polizei. Versiegelt ist auch der Döner-Imbiss im Erdgeschoss: „Wegen Brandfall vorübergehend geschlossen“, steht handschriftlich an der Eingangstür. Am Samstag (25. Mai) wird die Polizei noch einmal mit einem Spürhund im Haus nach Spuren suchen. Auch nach möglichen Brandbeschleunigern.
Die Feuerwehr war bis 6.30 Uhr mit 60 Kräften im Einsatz, darunter die Besatzung von sechs Rettungswagen und vier Notärzte. Die Holztreppenkonstruktion wurde entfernt, um alle Brandnester ablöschen zu können.
Die Mordkommission bittet unter der Rufnummer 0234 / 909-4441 (Kriminalwache Bochum) um Hinweise von Zeugen, die in der Nacht auf den Freitag (24. Mai) verdächtige Wahrnehmungen im Umfeld des Hauses am Werner Hellweg gemacht haben.