Der Kampf gegen Krebs ist nicht immer aussichtslos.

Auch wenn es um den bedrohlichen und oft tödlichen Krebs geht, ist heutzutage für die Mediziner absolute Offenheit gegenüber dem Patienten angesagt. „Es wird nichts mehr verschwiegen”, bekräftigte Prof. Dr. Wolff Schmiegel beim 16. WAZ-Nachtforum Medizin im Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendeer.

Rund 150 Gäste hatten sich am 3. Dezember in der geräumigen Klinik-Cafeteria eingefunden, um mehr zu erfahren über jene tückische Krankheit, die schon so viele Menschen hingerafft hat, 211 000 allein in diesem Jahr in Deutschland. Werner Conrad, Redaktionsleiter der WAZ Bochum und wie immer Moderator des Forums, konnte gleich fünf medizinische Experten begrüßen, die nicht nur aktuelle Informationen über Leukämie, Darm- und Lymphknotenkrebs bereit hielten, sondern auch betroffene Patienten mitgebracht hatten, die – im Dialog mit den Ärzten – über den Verlauf ihrer Krebserkrankung berichteten.

„Krebs ist in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema”, hatte Schmiegel, Direktor der Medizinischen Universitätsklink, eingangs bedauert und angesichts von „436 000 Neuerkrankungen in diesem Jahr in Deutschland” dazu aufgerufen, den Krebs „aus der Tabuszene herauszunehmen”.

Blutkrebs, wie die Leukämie auch genannt wird, weil dabei die roten Blutkörperchen verdrängt werden, war das Thema für Oberarzt Dr. Roland Schroers. Er erinnerte an die bahnbrechende Forschungsleistung von Prof. Rudolf Virchow, der bereits im Jahr 1845 die bedrohliche Veränderung im Blut dokumentiert und „weißes Blut” (Leukämie) benannt hatte. 164 Jahre später, beim WAZ-Nachtforum, konnte Schroers darlegen, wie Leukämie durch Fehlbildung von Genen eine Stammzellenerkrankung im Knochenmark auslöst und wie das seit knapp acht Jahren sehr gut mit dem Medikament Glivec behandelt werden kann.

Mit dem Thema „Metastasen bei Krebs – immer tödlich?” beschäftigten sich die Professoren Wolff Schmiegel und Richard Viebahn, Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik und Ärztlicher Direktor des Knappschaftskrankenhauses, sowie der Radiologe Oberarzt Dr. Eckhart Mielke am Beispiel von Dickdarmkrebs.

„Es fing mit leichten Schmerzen im Bauch und im Rücken an”, berichtete Ex-Patientin Andrea Darnstädt dazu über ihren einstigen Leidensweg. Nachfragen der Zuhörer galten unter anderem der Fettleber nach Chemotherapie, der Rückfallhäufigkeit und wie man Krebs vermeiden könne. „Früherkennung ist das Wichtigste”, rieten die Experten, um den „Killer Krebs” rechtzeitig aufzuspüren. Wichtig sei auch „regelmäßige Bewegung”.

Zum Abschluss schilderte Oberarzt Dr. Christian Teschendorf, wie man dem Lymphknotenkrebs zu Leibe rückt, notfalls durch eine Hochdosis-Chemotherapie, wenn die normale Dosis nicht ausreiche. Patientin Michaela Engel, der ein großes aggressives Lymphom auf Herz und Lungen gedrückt hatte, berichtete über ihre Erfahrungen mit der Chemotherapie: „Erst ist mir schlecht geworden, dann musste ich mich übergeben, dann ging es besser.” Heute, drei Jahre nach der Behandlung, gehe es ihr so gut, dass sie „voll berufstätig” sei und „nebenbei studiere”.

Das aufmerksam lauschende Publikum dankte mehrfach mit Beifall für die vielen Informationen und WAZ-Mann Werner Conrad schloss mit den Worten: „Wir haben hoffnungsvolle und Mut machende Botschaften gehört.”

Jeden Dienstag Tumorkonferenz

Jeden Dienstag gibt es im Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer eine „interdisziplinäre Tumorkonferenz”, wo jeder einzelne aktuelle Krebsfall diskutiert wird. An Diagnose und Behandlung sind mehrere Experten beteiligt, wie die Fachärzte Prof. Dr. Richard Viebahn, Prof. Dr. Wolff Schmiegel und Oberarzt und Radiologe Dr. Eckhart Mielke am Beispiel Darmkrebs (Dickdarm) darlegten. Beim Dickdarmkrebs sei wegen der Gefahr eines Darmverschlusses fast immer ein OP-Eingriff erforderlich.

Das interdisziplinäre Verfahren: Vom per Darmspiegelung entdeckten Tumor wird von den Chirurgen eine Gewebeprobe entnommen, dann dem Pathologen zur Diagnose zugestellt. Zusätzlich kommt der Radiologe ins Spiel, der befallene Stellen mit Computer- oder Kernspintomographen in Bildern darstellt. Das zahlt sich auch dann aus, wenn gesucht wird, ob der Darmkrebs Metastasen „gestreut” hat, etwa in der Leber. Doch trotz aller modernen Untersuchungsmethoden könne es passieren, dass man restliche Tumorzellen in der Leber auch damit nicht mehr aufspüren könne. Da sei auch mal, so Prof. Viebahn offen, bei einem Krebspatienten „erst ein Stück weggeschnitten (worden), wo keine Metastase drin war.” Doch die Leber verkrafte das, sie wachse nach. Man nennt das den „Prometheus-Effekt” – nach Prometheus in der griechischen Mythologie, von dem ein Adler die täglich nachwachsende Leber fraß. (R.H.)