Kreative junge Leute wóllen mit eigenen Ideen und Produkten in einem kleinen Laden Fuß fassen
Sabine Vogt
Auf 36 Quadratmetern versuchen fünf kreative Leute zwischen Anfag 30 und Anfang 40, sich ihren Traum zu verwirklichen: Anja Adamus, Ivaldo de Castro, Heidi Kreienbaum, Daniela Dung und Katrin Thomas teilen sich ein kleines Ladenlokal, das in ein Wohnzimmer passen könnte und doch für alle genügend Raum bietet.
An der Hattinger Straße 22 ist das Quintett seit Juni dieses Jahres kommerziell vereint; Katrin Thomas war dort mit ihren Lichtinstallationen für sich und begann im März 2009, per Annonce Leute aus dem Kunsthandwerksbereich als Mitstreiter zu suchen. „Nach und nach haben wir einander gefunden”, sagt Daniela Dung. Nicht alles passte sofort, der eine oder andere hatte wohl zu unrealistische Vorstellungen und sprang wieder ab. Was übrig blieb, bezeichnet Ivaldo de Castro als gutes Team, ohne Konkurrenzgedanken.
„Bislang kann keiner von uns vom Verkauf seiner Waren leben”, erklärt Daniela Dung. So haben alle Beteiligten noch einen Hauptjob und betreiben ihr Kunsthandwerk als Hobby. Wer sich beteiligen will, muss sich verpflichten, ein paar Tage die Woche im Laden zu stehen und ebenso wie die eigenen Produkte die der anderen zu verkaufen. „Wenn ich einen Kunden für Ivandos Taschen begeistern konnte, freut's mich genauso, als ging es um meine Mode.” Daniela Dung studiert noch und bildet gemeinsam mit ihrer Mutter das Label „Elda” (Elisabeth und Daniela). Sie stöbern über Stoffmärkte und schneidern individuelle Kleidungsstücke; auf Wunsch wird auch auf Maß gearbeitet. Daniela kam über ihrer Mutter, die die Familie eingekleidet hat, an die Nadel. Ihr Markenzeichen sind farbenfrohe Stoffe und schnörkellose Formen. „Den eigenen Geschmack kann ich nicht ganz ausblenden”, sagt sie, das fange schon bei der Stoffauswahl an. „Ich finde nur, dass sich die meisten Leute zu uniformiert, zu gedeckt kleiden.”
So wie sie versuchen alle im Ladenteam, eigenständige Produkte zu entwerfen, die sich von der Masse unterscheiden. „Das ist es, was uns zusammenschmiedet.” Ivaldo de Castro ist freischaffender Tänzer, engagiert am Theater Dortmund und am Alto Essen. Langfristig wünscht er sich aber, ein neues Standbein zu finden. Erste Balanceversuche macht er mit Hüfttaschen, von dezent bis augenfällig. De Castro entwirft die Modelle, ein Freund arbeitet sie nach seinen Plänen aus. Die Idee kam dem gebürtigen Brasilianer im Urlaub, seit zweieinhalb Jahren widmen sich die beiden nun schon diesem produkt, das sie mit einigem Erfolg im Internet vertreiben.
Anja Adamus wird die neue Hauptmieterin des Ladens, wenn Katrin Thomas zu Beginn des nächsten Jahres ausscheidet. Dann soll der Laden („light on earth”) nach kleinen Veränderungen auch einen neuen Namen bekomen: „Nummer 22”; so vergisst wenigstens niemand die Adresse. Anja Adamus bietet Mode aus Dänemark an, deren Eigenart es ist, dass die Sachen vielfältig miteinander kombiniert und gleichzeitig (übereinander) getragen werden können. „Gerade jetzt im Winter sehr praktisch und trotzdem wärmend. Man muss nicht einen dicken Pulli tragen”, wirbt Individualist De Castro für die Produkte seiner Kollegin. Bisher hat Anja Adamus ihre Kleidung auf so genanten Homeparties angeboten.
Heidi Kreienbaum, die sonst als Bäckereiverkäuferin hinter der Theke steht, entwirft Schmuck. Ketten, Ringe, Broschen aus Svarovski-Kristallen und anderen Materialien, etwa Holz oder Steinen kombiniert mit Filz, was den jeweils ganz unterschiedlichen Ausdruck verleiht.
Auch wenn das junge Team knapp ein halbes Jahr an der Hattinger Straße anzutreffen ist, hat es sich schon eine kleine Stammkundschaft erarbeiten können. „Einige kommen zufällig vorbei - das Quartier Viertel vor ist ja gleich um die Ecke - oder kommen gezielt, weil sie Sachen suchen, die nicht von der Stange sind.” Und ebenso oft schneien Leute herein, die selbst in irgend einer Form kreativ oder künstlerisch tätig sind und sich gern beteiligen würden. „Sollte jemand etwas herstellen, was sich nicht mit unseren Waren überschneidet, kommt er auf eine Art Warteliste”, sagt Ivaldo de Castro. Denn gerade jetzt vor Weihnachten werden Kleinigkeiten, Dekostücke, Geschenkartikel oder witzige Accessoires ins Angebot aufgenommen.