Bochum. . Erstmals gibt es beim Bochumer Hochschulball eine Modenschau. Dagegen gab es Proteste: Frauen sollten nicht auf Kleidergröße 36 reduziert werden.

Auch der 20. Bochumer Hochschulball ist ausverkauft. Der Hochschulball ist immer ausverkauft. Am 6. April richtet das Akademische Förderungswerk für die Angehörigen der Bochumer Hochschulen das „Gala-Ereignis des Jahres“ aus. Diesmal gab es allerdings vorab Proteste. Erstmals wird es beim Hochschulball eine Modenschau geben. Studentinnen führen Abendkleider vor. Das autonome Frauen*Lesben-Referat der Ruhr-Uni kritisiert, dass Studentinnen nur nach ihrem Aussehen und nicht nach ihren akademischen Fähigkeiten bewertet würden.

Nach der Flucht in die Selbstständigkeit

Das Hertener Modelabel 7Slim richtet die Modenschau aus. Sie hatte deshalb an der Ruhr-Uni nach Models gesucht, die Kleidergröße 36 haben. 7Slim sind vier Syrer, die sich nach ihrer Flucht mit dem Modelabel selbstständig gemacht haben.

Genau deshalb hatte das Akademische Förderungswerk die Firma angesprochen. Akafö-Sprecher Jonathan Ludwig: „Die vier Syrer sind Bürgerkriegsflüchtlinge. Deshalb dachten wir, dass das eine gute Sache ist. Was wir nicht bedacht hatten, dass es wegen der Models Probleme geben könnte. Wir hätten vielleicht anders über die angedachte Modenschau berichten sollen und den Aspekt mit den Bürgerkriegsflüchtlingen stärker erwähnen sollen.“

Für jede Größe und jedes Alter

Die Firma 7Slim selber weist ausdrücklich daraufhin, dass sie Kleidung für jede Größe und jedes Alter nach Maß fertige. Sprecherin Sieglinde Graf: „Die Kleidungsstücke, die beim Hochschulball zu sehen sein werden, sind für verschiedene Modenschauen gefertigt worden. Um Ware zu verkaufen, muss auch 7slim, wie jedes andere Unternehmen, Werbung für ihre Produkte machen. In dieser Branche sind seit Jahrzehnten schlanke Frauen für die Präsentation vorgesehen. Der Markt für ,Miss Curvy’ ist leider noch sehr klein, so dass sich 7slim dem populären Markt anschließt, denn 7slim muss Umsatz machen, damit Familien ihren Lebensunterhalt bestreiten können.“

„Patriarchale Strukturen“

Sonja Marzock vom Frauen/Lesbenrat der Ruhr-Uni hält dagegen. Die Idee, Entwürfe von Bürgerkriegsflüchtlingen zu präsentieren, sei schön. Das habe aber dennoch nichts mit der „gesamtgesellschaftlichen Situation von Frauen und den dazugehörigen patriarchalen Strukturen von Modenschauen“ zu tun. „Die Universität sollte kein Ort sein, an dem der Konkurrenzdruck an sexistischen und patriarchalen Strukturen festhält und Frauen zum Objekt erklärt werden, statt sie als angehende Akademikerinnen wertzuschätzen. Studentinnen sollte die Möglichkeit gegeben sein, auf einem Ball zu feiern, wenn sie dies wollen, ohne diesen Zwängen zu unterliegen.“