Bochum. . Fünf mutmaßliche Mitglieder des Miri-Clans stehen vor Gericht. Ihnen werden Drogengeschäfte vorgeworfen. Der Prozess wird besonders gesichert.

Dieser Drogenprozess vor dem Landgericht sprengt den üblichen Rahmen. Auf der Anklagebank sitzen vier Brüder und ein Bekannter (23 bis 32). Alle sollen laut Staatsanwaltschaft zu einem Arm des libanesisch-stämmigen Miri-Clans gehören, der über weitreichende kriminelle Verbindungen in Deutschland verfüge. Ihnen allen drohen mehr als fünf Jahre Haft. Vier der Angeklagten sind Brüder, drei von ihnen lebten bis zu ihre Inhaftierung in Bochum. Am 23. Oktober 2018 waren alle bei einer großen Durchsuchungsaktion festgenommen worden.

Fast 100 dicke Aktenordner werden am Montagmorgen auf Rollregalen in den Saal gefahren. Darin sind die von der Polizei verschriftlichten Telefonüberwachungen der Ermittler dokumentiert. Allein 300 Gespräche wurden bereits ins Arabische übersetzt, denn die Angeklagten sind syrische Staatsbürger und überwiegend auf Dolmetscher angewiesen. Um einen sicheren Ablauf der Hauptverhandlung zu gewähren, sitzen elf Wachtmeister im Saal, vor dem Saal stehen weitere. Zuschauer müssen ihren Personalausweis kontrollieren lassen und ihre Handys abgeben, bevor sie den Saal betreten dürfen.

5,2 Kilo aus den Niederlanden eingeschmuggelt

Sämtliche Angeklagten sind vorbestraft, unter anderem wegen Drogendelikten. Diesmal wirft ihnen Oberstaatsanwalt Dr. Christian Kuhnert bandenmäßige Straftaten vor: Es geht um die Einfuhr von 5,2 Kilo Marihuana aus den Niederlanden sowie den Verkauf von insgesamt 600 Gramm Kokain zwischen Mai und Oktober 2018. Auch in einem Kiosk am Bochumer Südring soll das Rauschgift verkauft worden sein.

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Ein weiterer Vorwurf: Mit einem verdeckten Ermittler (mit dem falschen Namen „Khaled“) soll die mutmaßliche Bande den Verkauf von 200 Gramm Kokain vereinbart haben. Wegen Lieferproblemen sei dem Ermittler dann aber auf einem Parkplatz eines Bochumer Schnellrestaurants an der Dorstener Straße für 7400 Euro 160 Gramm Kreatin angedreht worden, ein Muskelaufbaupräparat. Der Handel mit diesem Mittel ist zwar erlaubt, aber wenn man den Anschein erweckt, dass man Kokain verkauft, dann ist auch dies strafbar. Der verdeckte Ermittler wird in dem bis Juni datierten Prozess als Zeuge vernommen werden.

Nur einer der Angeklagten will sich äußern

Chef der mutmaßlichen Bande soll der älteste (32) der vier Brüder sein, er ist der einzige, der bis zu seiner Festnahme am Morgen des 23. Oktober 2018 nicht in Bochum lebte, sondern in Auerbach im Vogtland/Sachsen. Mit einem Polizeihubschrauber wurde er am selben Tag nach Bochum geflogen. Ebenfalls eine führende Position soll ein 31-jähriger Bochumer innegehabt habe. Er ist der einzige, der ein Teilgeständnis abgelegt hat, alle anderen wollen zunächst schweigen.

Ob die Angeklagten wirklich zum Miri-Clan gehören, wird erst der Prozess zeigen. Verteidiger Hans Reinhardt sagte am Rande des Prozesses: „Aus der Anklage erschließt sich das überhaupt nicht. Es ist eine Familie, aber eine Familie ist nicht automatisch ein Clan. Das ist schon eine tendenziöse Bewertung. Und eine Familie ist auch nicht automatisch eine Bande.“

>>> Verfahren wegen Zwangsprostitution

Gegen einen der Angeklagten lief zuletzt auch ein Verfahren wegen des Verdachts der Zwangsprostitution. Das wurde mit Blick auf den Drogen-Prozess vorläufig eingestellt.

Ein Angeklagter (27, Familienvater) sagte zum Prozessauftakt: „Ich bin das erste Mal im Knast. Ich hätte nie gedacht, dass mich das so belastet.“

Ein weiterer Angeklagter (23) war aus Syrien vor dem Krieg geflüchtet. In Deutschland habe er sich Sicherheit erhofft, sagte er. „Ich wollte ein neues Leben gestalten.“ Die Richterin: „Hat nicht so geklappt.“