Bochum. . Die Geburtsstunde des Schauspielhauses als Bochumer Stadttheater schlug am 15. April 1919. Die Geschichte des Hauses reicht viel länger zurück.
Das Schauspielhaus zählt zu den bekanntesten Gebäuden Bochums: Seit einem Jahrhundert behauptet die Theaterburg ihre Dominanz am Eingang zum Ehrenfeld. Dabei ist das heutige Haus der Bühnenkunst schon das zweite an dieser Stelle, genau genommen sogar das dritte. Aber der Reihe nach.
Das ländliche Ehrenfeld wurde ab 1907 von dem Bauunternehmer Clemens Erlemann (1865-1937) zu einem großstädtischen Quartier für die wachsende Großstadt Bochum entwickelt. Die Bebauung sah neben stattlichen Wohnhäusern und Verwaltungsbauten auch ein Varieté-Theater namens „Orpheum“ vor.
Zur Finanzierung wurde die Apollo-Theater AG gegründet, doch nach Eröffnung der mit 2000 Plätzen damals größten Bühne im Ruhrgebiet 1908 stellte sich heraus, dass das Unterhaltungskonzept nicht trug. Die Besucher im nun als „Apollo“-Theater ausgeflaggten Haus blieben aus. Kein Jahr später musste Erlemann sein privates „Spezialitäten-Theater“ schon wieder schließen; 1912 begann er auf eigene Kosten mit dem Umbau von einer Varieté- zu einer Sprechtheaterbühne.
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Start mitten im Krieg
Aus dem wuchtigen Jugendstilgebäude wurde ein nicht minder ausladender Koloss mit neoklassizistischer Fassade. Als Erlemann 1912 nach weiteren Programmkrisen und Pleiten Konkurs anmelden musste, übernahm die Stadt das Gebäude und ließ es bis 1915 im Innern komplett umbauen.
Damit schlug genau genommen die Geburtsstunde der Bochumer Bühne – mitten im Krieg. In diesem Bau, dem in Abgrenzung zum gescheiterten Varieté-Intermezzo der Name „Neues Stadttheater“ verpasst wurde, begann am 30. Dezember 1915 mit einem „Don Carlos“-Gastspiel des Düsseldorfer Schauspiels die Geschichte eines kommunalen Theaters in Bochum.
Weil während des Ersten Weltkriegs zunächst nur auswärtige Bühnen (aus Essen und Düsseldorf) mit Gastspielen das Programm bestritten, verlegt man allerdings gemeinhin den Anfang der Theaterchronik auf das Datum des 15. April 1919.
An jenem Dienstag ging an der Königsallee die erste Aufführung eines städtischen Ensembles über die Bühne, das der zum Gründungsintendanten berufene Regisseur Dr. Saladin Schmitt (1883-1951), vormals Oberspielleiter in Freiburg, zusammengestellt hatte. Gegeben wurde Franz Grillparzers Trauerspiel „Des Meeres und der Liebe Wellen“. 100 Jahre später wird am Wochenende 13./14. April 2019 eben dieses historische Datum mit einem großen Bürger- und Theaterfest rund um das Schauspielhaus gewürdigt.
Im Zweiten Weltkrieg fiel das Stadttheater in Trümmer
Das Gebäude, in dem so die „Ära Schmitt“ und damit Bochums Ein- und Aufstieg ins Geschichtsbuch der deutschen Bühnenwelt begründet wurde, stand gerade einmal ein Vierteljahrhundert. Im Zweiten Weltkrieg, 1944, fiel das Stadttheater in Trümmer, seine Wiedererrichtung galt – wie der neue Hauptbahnhof – als zentral für die Bochumer Stadtplanung. Entsprechend wurde sie mit Priorität vorangetrieben.
Auf dem Ruinengrundstück entstand eine Bautengruppe mit dem heutigen Großen Haus und den Trakten für Verwaltung und Werkstätten, die nach nur zweijähriger Bauzeit im September 1953 eröffnet wurde.
Das Kammerspielhaus wurde im Oktober 1966 angegliedert. Beide Bauten stammen von dem Architekten Gerhard Graubner (1899-1970), sein „Großes Haus“ zählt heute zu den bedeutendsten Theaterneubauten nach dem Krieg in Deutschland und steht unter Denkmalschutz. Es gilt wegen seiner ungewöhnlich großzügigen Bühnen- und Saalsituation sowie der original restaurierten 50er-Jahre-Optik („Tulpenlampen“) als eines der schönsten Theater überhaupt.
Zentrum kulturellen Lebens
So ist das Ehrenfeld immer die Pflanzstätte der Bochumer Bühnenkunst gewesen und der Platz an der Königsallee bleibt – nach vorübergehendem Exil des Theaters auf der kleinen Bühne des „Parkhauses“ im Stadtpark von 1945 bis 1953 – der gegebene Ort einer „Spielstätte von lebendiger geistiger Ausstrahlung, ein Zentrum des kulturellen Lebens in Bochum“, wie es in der Chronik heißt.
Theaterburg seit 100 Jahren