Bochum. . Paul Gerhard (87) leidet unter der Lungenkrankheit COPD. Sein Pfleger erfüllt dem Bochumer einen großen Wunsch: einen Besuch beim VfL Bochum.

Einst schmuggelte Paul Gerhard Kanarienvögel über die DDR-Grenze, heute liegt der 87-Jährige in Jogginghose im Bett. Ein Pfleger knipst den langen Schlauch zur Beatmungsmaschine ab. Der Atem rasselt aus der Kanüle am Hals des 87-Jährigen. Paul Gerhard hebt die Hand: „Tach, erstmal!“

Der Bochumer hat COPD. Die unheilbare Lungenkrankheit zwingt ihn nachts und viele Stunden am Tag an die sperrige Beatmungsmaschine. Ohne sie würde er wegen seiner Atemaussetzer eines Morgens nicht mehr aufwachen. Seit der COPD-Diagnose kümmern sich Pfleger 24 Stunden um ihn.

Sie kennen die guten – und die schlechten Tage des gelernten Maurers. Sie wissen, dass er seine Wohnung nur noch selten verlässt – und dass das früher anders war. Getrocknete Edelweißblüten von der Hochzeitsreise nach Aschau und Fotos längst vergangener Urlaube schmücken die Wohnzimmerwand. Paul Gerhard freut sich an seinen Erinnerungen, er hat sich arrangiert mit seiner Krankheit. Nur einen großen Wunsch hat er nie aufgeben: den VfL Bochum nochmal im Stadion sehen!

Kanarienvögel und Kaninchen

Solche Träumen helfen dem Gerther über schlechte Tage. „Ich hatte mich nach der Diagnose schon aufgegeben.“ Seine Pfleger überzeugten ihn, sich wieder aufzurappeln. „Wenn du wieder auf die Beine kommst, fahren wir mit dir nach Thüringen“, hatte ihm Pfleger Joachim Gehrmann versprochen – und das auch wahr gemacht.

Gemeinsam besuchen sie die Heimat seiner Frau, die mittlerweile im Altenheim lebt. Sie fahren zur Münz-Messe nach Wuppertal, davon schwärmt Paul Gerhardt noch heute. Genauso gerne erzählt er von früher: Einmal schmuggelte er zwei Kanarienvögel über die innerdeutsche Grenze und wurde prompt von einem DDR-Zöllner erwischt. „Ich wollte züchten, das hab’ ich dem auch gesagt. Und ich bin sogar durchgekommen“, sagt der Bochumer mit einem schelmischen Grinsen.

Früher hatte Paul Gerhard eine Dauerkarte für den VfL

Überhaupt: Tierzüchten und Wurstmachen – das kann Paul Gerhard. Auch die Kaninchen-Zucht war seine Leidenschaft. „Meine Frau und meine Kinder wollten die aber nie essen“, sagt der Gerther fast ein wenig vorwurfsvoll und verrät ganz nebenbei sein Lieblings-Mett-Rezept („Acht Gramm Salz und der Knoblauch muss sich gut verteilen“).

Bekannt wie ein „bunter Hund“ sei er in seinem Stadtteil. Habe er doch schon als 20-Jähriger den Frauen den Pudding vom Fensterbrett weggenascht. Überhaupt, mit den Frauen kann er gut. „Ich habe der Frau Doktor bei der Dialyse schon häufig Edelweiß mitgebracht“, sagt der 87-Jährige – noch ganz Charmeur der alten Schule. Ihm zu Ehren heiße ein Zimmer sogar „Edelweiß-Zimmer“.

Seine Pfleger Joachim Gehrmann (li.) und Martin Wozniak haben Paul Gerhard den Stadion-Besuch ermöglicht.
Seine Pfleger Joachim Gehrmann (li.) und Martin Wozniak haben Paul Gerhard den Stadion-Besuch ermöglicht. © Ingo Otto

Paul Gerhard sitzt nun in seinem Wohnzimmer im Sessel und schwärmt von seinem VfL. „Eine Sitzplatzkarte hatte ich früher. Ach, noch einmal den VfL sehen, das wäre schon toll.“

Was Paul Gerhard beim Termin mit der Zeitung noch nicht ahnt: Pfleger Joachim Gehrmann hat Kontakt mit dem VfL aufgenommen, um ihm diesen Wunsch zu erfüllen.

Der Verein lädt den 87-Jährigen nun zum heutigen Spiel gegen den HSV ein – in die VIP-Lounge. Einmal noch Stadion-Luft atmen, mit den Fans feiern: Paul Gerhard wird dabei sein. Viel Spaß!