Über eigene Dienstwagen können sich die Auszubildenden der Gastro-Kette „Bar Celona“ freuen. Auch andernorts gibt’s Anreize für den Nachwuchs.

Knapp 700 Euro netto gibt’s im ersten Lehrjahr. Zu wenig, um ein eigenes Auto kaufen und finanzieren zu können. Mobil sind Mona Czuia (23), Johanna Hagemann (21) und Valentin Santos (19) fortan dennoch. Ihr Arbeitgeber, die Gastro-Kette „Bar Celona“, stellt den Azubis einen eigenen Wagen zur Verfügung: jeweils einen nagelneuen VW Up im Neuwert von deutlich über 10.000 Euro.

„Wir müssen nur den Sprit zahlen“, freuen sich die angehenden Fachfrauen und -männer für Systemgastronomie in der Filiale an der Gahlenschen Straße, während Geschäftsführer Alexander Brambrink von „Wertschätzung“ spricht, die er nicht nur den leitenden Angestellten, sondern in Zeiten massiven Fachkräfte- und Nachwuchsmangels auch den Azubis und Dual-Studenten entgegenbringen wolle. Die ersten fünf Dienstwagen wurden in diesen Tagen übergeben. „Wer im Herbst bei uns seine Lehre beginnt, bekommt ebenfalls ein Auto“, versichert Brambrink.

Wettbewerb um Köpfe und Hände

Die Azubi-Autos seien zwar etwas Besonderes. Die „Bar Celona“ sei aber längst nicht das einzige Gastro-Unternehmen, das Auszubildende mit speziellen Boni lockt, weiß der Arbeitgeberverbands Dehoga NRW. „Wir alle stehen im Wettbewerb um gute Köpfe und gute Hände“, sagt Sprecher Thorsten Hellwig. Die Bewerber könnten sich ihren Arbeitgeber aussuchen; der Arbeitsmarkt sei leergefegt.

Einerseits entscheiden sich immer mehr junge Leute gegen eine Ausbildung und für ein Studium. Andererseits gebe es künftig weniger Schulabgänger. In diesem Wettbewerb „sind der Fantasie wenig Grenzen gesetzt“, so Hellwig. Ob es ein Dienstwagen oder -rad, ein Handy, zusätzliche Urlaubstage oder – bei internationalen Ketten – Auslandsaufenthalte seien: „Alles ist vorstellbar.“

Nicht nur materielle Anreize für Auszubildende

Solche Anreize scheinen jedoch branchenübergreifend zu sein. So berichtet Jörg A. Linden, Sprecher der IHK Mittleres Ruhrgebiet, dass sie vermehrt in der Versicherungsbranche angeboten werden. „Ein Dienstfahrzeug, Laptop oder Handy gehören dazu“, allerdings „keine Diamantuhren oder anderen Luxusartikel“. Ansonsten seien der IHK jedoch wenige solcher materiellen Angebote bekannt. Vielmehr gehe es darum, die Ausbildung vorzeitig nach zweieinhalb Jahren abzuschließen, übernommen zu werden und Aufstiegsmöglichkeiten zu haben.

„Geld ist eine relativ schlechte Triebfeder“, sagt der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Johannes Motz. „Das Interesse an einem Beruf wird anders geweckt als durch einen Firmenwagen.“ Wichtiger sei, und das branchenunabhängig, dass der Arbeitgeber den Azubis seine Wertschätzung zeige. Der Dachdeckernachwuchs etwa sei „stolz wie Bolle“, wenn er am ersten Arbeitstag einen eigenen Werkzeugkoffer bekomme. Zudem sei ein gutes Betriebsklima wichtig, weshalb es Betriebe gebe, die mit ihren Auszubildenden Ausflüge unternehmen – etwa zum Metalfestival nach Wacken.

Dorthin könnten die „Bar Celona“-Azubis auch auf eigene Faust düsen. Mit ihren Autos sind nicht nur Dienst-, sondern ausdrücklich auch Privatfahrten erlaubt.

>> Das Handwerk sucht noch Auszubildende

  • In den Betrieben der Kreishandwerkerschaft gibt es aktuell 79 unbesetzte Lehrstellen, davon 39 in Bochum. Besonders gesucht werden Anlagenmechaniker Sanitär-Heizung-Klima (9 Stellen), Maurer, Maler/Lackierer sowie Elektriker (je 6).
  • Ausbildungs- und Praktikumsangebote gibt es auf www.handwerk-ruhr.de.