bochum. Das Art-Ensemble-Theater zeigt die berühmte Novelle „Die Marquise von O.“ auf ungewöhnlicher Bühne: im Tango-Studio. Premiere ist am 15. März.

Wenn Theater an ungewöhnlichen Orten in der Stadt gespielt wird, können sich die Besucher fast immer auf spannende Abende abseits des üblichen Bühnen-Formats freuen. So plant das Art-Ensemble-Theater von Susanne Hocke und Jürgen Larys gerade eine neue Sicht auf Heinrich von Kleists Klassiker „Die Marquise von O.“.

„Zu unserer großen Freude haben wir das Tango-Studio La Boca als Spielort gewinnen können“, sagt Jürgen Larys. Was zunächst seltsam klingt, macht bei näherer Betrachtung durchaus Sinn. Denn sowohl in Kleists Novelle als auch beim Tangotanz gehe es ums unterschwellig Erotische: „Das ist ein Ort, der kitzelt“, so Larys. So wollen die beiden Schauspieler auf der kleinen Bühne und mitten im Zuschauerraum einen ganz eigenen Pas de deux aufs Parkett zaubern.

Die Premiere wird von einem Nachgespräch begleitet

Die Premiere von „Die Marquise von O.“ steigt am Freitag (15.) um 19.30 Uhr bei Tango La Boca (Castroper Straße 195). Karten (12, erm. 10 Euro) per Mail: kontakt@ensembletheater.de

Das Nachgespräch mit Prof. Nicola Kaminski (Ruhr-Uni) findet am Samstag (16.) um 18 Uhr in der Stadtakademie (Westring 26a) statt. Eintritt: 5, erm. 3 Euro (für Besucher der Premiere frei).

Berühmter Gedankenstrich

Larys und Hocke führen die Novelle, die auch Teil des Zentralabiturs ist, als Zwei-Personen-Stück auf. Darin sucht die verzweifelte Marquise von O. nach dem Verursacher einer ihr völlig unerklärlichen Schwangerschaft – und bietet skandalträchtig mittels einer Zeitungsannonce an, den ihr Unbekannten zu heiraten, falls dieser sich meldet. „Doch geht die Novelle über die Beschreibung eines Missbrauchs weit hinaus“, sagt Larys. „Denn Kleist lässt die Ereignisse jener Nacht bewusst offen.“ Was der Marquise also tatsächlich widerfahren ist: Das kann sich jeder Zuschauer und jeder Leser selbst ausmalen. Kleist wählte dafür den vielleicht berühmtesten Gedankenstrich der Literaturgeschichte.

Den „Faust“ brachten Jürgen Larys und Susanne Hocke in der Christuskirche Gerthe zur Aufführung.
Den „Faust“ brachten Jürgen Larys und Susanne Hocke in der Christuskirche Gerthe zur Aufführung. © Klaus Pollkläsener

Vor einem roten Vorhang zeigen die Schauspieler das Drama in teils historischen, teils modernen Kostümen. „Das wird romantisch und blumig erzählt, aber die Spannung schwingt immer mit“, erklärt die Schauspielerin Susanne Hocke. Bei der Lektüre der Novelle habe sie immer wieder herzhaft gelacht: „Kleist hat für die Figuren keine in sich geschlossene Psychologie entwickelt“, sagt sie. „Das kippt schon manchmal ins Komische.“ In ihrer Darbietung versuche sie auch, die Tragik dieser Figur zu zeigen.

Seit 2007 ist das Art-Ensemble-Theater mit vielen Stücken in ganz Deutschland auf Tournee. Bekannt wurde „Faust I“, den sie auch in Auerbachs Keller in Leipzig zeigten, und der „Fall Gretchen“. Ihre Heimat hat die Gruppe in Bochum, wo sie sich wohl fühlt – auch ohne eigene Spielstätte. „Wir sind viel unterwegs und eine eigene Bühne verpflichtet ja auch“, meint Larys. „Aber wenn jemand einen schönen Raum für uns kennt, wären wir da natürlich offen.“