Bochum. . Ein Student steht wegen einer tödlichen Messerattacke vor Gericht. Er soll einen anderen Studenten ermordet haben. Er gilt als schuldunfähig.
Dieses Verbrechen ist rational nicht nachvollziehbar, vollkommen sinnlos, es provoziert und quält jeden menschlichen Verstand. Ein 23-jähriger Student aus Bochum war am 12. September 2018 auf der Alleestraße durch Messerstiche in Herz und Lunge getötet worden. Zugestochen haben soll ein anderer Student (23). Wie am Donnerstag zum Prozessauftakt am Schwurgericht bekannt wurde, hatte er die Tat bereits unmittelbar nach ihr gestanden. Offenbar hatte er sich wahnhaft, in völlig wirren Fantasien von dem Opfer verfolgt gefühlt.
Der unscheinbare Mann mit dem etwas zerzausten Haar und Dreitagebart auf der Anklagebank ist kein Angeklagter, sondern ein Beschuldigter. Wegen einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie gilt er als schuldunfähig. Deshalb kann er aus Sicht der Staatsanwaltschaft, obwohl sie die Tat als heimtückischen Mord wertet, nicht „bestraft“ werden. Weil er aber „für die Allgemeinheit gefährlich“ sei, soll er auf unbefristete Zeit in eine geschlossene Psychiatrie. Dort befindet er sich bereits seit Monaten.
„Ich habe soeben meinen Kumpel abgestochen“
Am Tatabend um 19.14 Uhr ging das spätere Opfer, ein Student der Elektrotechnik an der Hochschule Bochum, über den beampelten Fußgängerüberweg der Alleestraße in Höhe Annastraße. Er wollte ein Paket im nahen Edeka-Markt an einer Annahmestelle abgeben. Kaum hatte er die Fahrbahn betreten, soll der Beschuldige „hinterrücks“ mit einem Küchenmesser auf ihn eingestochen haben, angeblich war die 13 Zentimeter lange Klinge bei den Stichen von einem Jutebeutel umhüllt. Noch am selben Abend starb das Opfer im Bergmannsheil.
Als die Polizei erschien, traf sie auf eine Menschentraube. Am Boden lag der Schwerstverletzte. Aus dieser Gruppe sei der Beschuldigte herausgetreten und habe die Tat sofort und ungefragt gestanden, berichten die Tatortbeamten zum Prozessauftakt. „Nehmen Sie mich fest. Ich habe soeben meinen Kumpel abgestochen. Ich habe es nicht ohne Grund gemacht.“
Auf der Wache soll er ganz ruhig und kooperativ gewesen sein. „Da war kein Zittern, kein Schweißausbruch, alles völlig normal und entspannt“, sagte ein Polizist. Der Beschuldigte soll erzählt haben, dass der Getötete sein „Leben ruiniert“ habe. Er habe „keinen anderen Ausweg“ gehabt als die Tat zu begehen.
„Es war in keinster Weise nachvollziehbar“
Er habe sich vorher im Internet auch schon „ein studentenfreundliches Gefängnis“ ausgesucht, wo er sein Studium abschließen wolle. Ein Polizist: „Ich habe das nicht verstanden, es war in keinster Weise nachvollziehbar.“ Als während der Vernehmung die Todesnachricht kam, habe der Mann laut einer Polizistin gesagt: „Na, dann ist ja gut.“ Zu Hause habe er ein neunseitiges „Geständnis“ in seinem Safe liegen, erzählte die Zeugin.
Der Beschuldigte kannte den Getöteten seit vielen Jahren vom Studium. Dieser war Mitglied im Technikverein „Labor e.V.“ an der Alleestraße. Dorthin soll der Beschuldigte bereits vor der Tat Drohmails geschickt haben. Er soll sich – zum Beispiel – krankhaft eingebildet haben, dass man seinen Laptop gehackt habe . Eine weitere offensichtliche Wahnvorstellung: Ein Uni-Professor habe ihm LSD verabreicht.
Beschuldigter hatte vor der Tat Stimmen gehört
Zum Prozessauftakt schwieg der 23-Jährige zu den Vorwürfen. Alkohol und Drogen wurden damals in seinem Blut nicht nachgewiesen. Wohl sagte der Beschuldigte dem Richter, dass er kurz vor der Tat zwei Mini-Flaschen Lakritz-Likör getrunken haben (je 0,02 l).) Das habe er getan, „damit die Stimmen weggehen. Mehr sage ich dazu nicht“.
In der Verhandlung fließen immer wieder Tränen von Menschen, die dem Getöteten sehr nahestanden. Die Tat hat unsagbares Leid bei ihnen angerichtet.
Das Gericht hat sieben Sitzungstage bis 10. Mai angesetzt.