Bochum. Die Figur des Grafen Engelbert steht heute im Bermudadreieck nur noch wie ein Randfigur da. Dabei gehört er zur DNA der Stadtgeschichte.

Es gibt Bochumer Besonderheiten, die gehören einfach zur DNA unserer Stadt: der VfL, die Bergbautradition, Herbert Grönemeyer – und das Maiabendfest.

Eine einzigartige Tradition ist mit diesem Heimatfest verbunden, das zu den größten in Westfalen zählt. Gestiftet wurde es (wenn auch nur angeblich) von Graf Engelbert III. von der Mark (1333-1392). Damit ist die stadthistorische Messlatte hoch gelegt. Und so erklärt sich auch, warum die geplante Umsetzung der Engelbert-Figur tatsächlich eine Herausforderung ist. Der sich nicht nur die Maiabendgesellschaft stellen muss.

„Tradition geopfert“

Der Name „Engelbert-Brunnen“ war bis vor einigen Jahren ein stehender Begriff. Die Bezeichnung hatte sich für den Platz mitten Bermudadreieck nebst U-Bahn-Station eingebürgert; ein halbes Jahrhundert lang grüßte dort ein Brunnen mit dem Denkmal des Grafen Engelbert III. die Passanten. Inzwischen ist die Stationsbezeichnung verschwunden und das Denkmal auch, jedenfalls so gut wie. Ohne Brunnen und umgehoben zur Ecke Brüderstraße/Kerkwege fristet der Bronze-Graf nur noch ein Schattendasein. „Man opfert Tradition und Kultur: Ab in die ,dritte Reihe’ mit dem Grafen, zu den überflüssigen Utensilien, anstatt vor den auswärtigen Besuchern mit ihm zu werben“, lautete seither der beharrliche Vorwurf blau-weißer Traditionalisten.

Entwurf stammt von Ferdinand Spindel

 
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Der Brunnen mit der Ritterfigur (Entwurf: Ferdinand Spindel) war zum Maiabendfest 1964 auf Anregung der Maiabendgesellschaft und von Bochumer Geschäftsleuten co-finanziert aufgestellt worden. Über Jahrzehnte wurde bei jedem Maiabendfest dort ein Kranz niedergelegt – aus Respekt für den mittelalterlichen Adeligen als Begründer des Festes, aber auch für alle Blau-Weißen, die die Maiabendtradition seit über 600 Jahren aufrecht halten. Dabei ist die heutige Figur bereits die zweite Version. Der „originale“ Engelbertbrunnen entstand 1910 – an eben der Stelle, wo heute das „Restdenkmal“ steht. Die Figur des Grafen blickte in Richtung des Haupt- bzw. Südbahnhofs – heute Rotunde – und grüßte die Reisenden, die die damalige Bahnhofstraße hinauf kamen.

Im Trubel untergegangen

Der Niedergang des stilisierten, modernen Ritterdenkmals begann mit dem Umbau der Kortumstraße. Damals war der Brunnen trotz geplanter Erneuerung nicht wieder errichtet worden. Die Stadt hatte einen Brunnen geordert, dessen Technik so schwer war, dass nur ein 120-Tonnen-Kran sie an ihren Platz hätte heben können. Der Kran war aber zu schwer für die Statik des Platzes mit der U-Bahn-Station darunter. So landete der Brunnen am Konrad-Adenauer-Platz und „Graf Engelbert“ stand unvermittelt ohne kühles Nass da.

Nun sind verschiedene Plätze als Alternativen im Gespräch; weil der „Graf“ schlichtweg im urbanen Bermuda-Trubel untergeht, wird seit Jahren gefordert, das Denkmal zu versetzen. Bloß, wohin?