Bochum. . Eine Gerichtsvollzieherin ist in Bochum-Werne von einer Schuldnerin verprügelt worden. Seit zweieinhalb Monaten ist sie arbeitsunfähig.

Die Gerichtsvollzieherin hatte keine Chance. Urplötzlich, ohne Vorwarnung, sagt der Bochumer Obergerichtsvollzieher Ulrich Veit, sei sie von einer Schuldnerin vor deren Wohnungstür in Bochum-Werne zusammengeschlagen worden.

Das war Mitte November. Bis heute ist die Gerichtsvollzieherin arbeitsunfähig. Körperlich sind die Verletzungen zwar längst geheilt, die blauen Flecken verblasst. Ob aber die psychischen Folgen, so Veit, noch weiter andauern, werde sich erst später zeigen.

Die Schuldnerin (34) hatte die Beamtin an den Haaren nach unten gezogen und sie mehrfach mit der Faust gegen Kopf und Körper geschlagen. Ein Nachbar hörte die Hilferufe und rief Polizei und Krankenwagen.

Schuswaffe in der Wohnung

Erlebnisse wie diese können traumatische Folgen zeitigen. Für die Gerichtsvollzieherin war das anfangs nur ein Allerweltstermin. Sie wollte eine Geldforderung der Generalstaatsanwaltschaft Hamm – Gerichtskosten wegen einer „unerlaubten Handlung“ – eintreiben, mit einem gerichtlichen Titel.

© Ingo Otto

Sie wusste nicht, dass es sich bei der Schuldnerin um eine offenbar psychisch auffällige, aggressive Waffennärrin handelte; sonst wäre sie wohl mit polizeilicher Unterstützung zu der Wohnung gefahren.

Die Gefährlichkeit der Schuldnerin soll aber der Generalstaatsanwaltschaft bekannt gewesen sein. 2017 hatte die 34-Jährige bereits bei einer Zwangsräumung in Dortmund eine andere Gerichtsvollzieherin auf ähnliche Weise attackiert. Als die Polizei die Täterin festnahm, fand sie in der Wohnung eine Schusswaffe, eine Machete, ein Tomahawk-Beil, eine Harpune und einen Elektroschocker.

„Ich hätte mir gewünscht, dass die Generalstaatsanwaltschaft meiner Kollegin zumindest mit einem Einzeiler mitgeteilt hätte: Vorsicht! Schuldnerin ist aggressiv oder gewalttätig oder beides.“ Das halte der Verband der Gerichtsvollzieher der Justizverwaltung vor.

„Ich mach dich Krankenhaus“

Veit wünscht sich, dass künftig auf den Vollstreckungsaufträgen draufsteht, welches Delikt hinter einer Forderung steht: ob es etwa eine Mietstreitigkeit, ein Ladendiebstahl oder eine gefährliche Körperverletzung ist. Außerdem schlägt er ein bundesweites Register vor, in das jede Person, die schon einmal auffällig oder übergriffig im Umgang mit Behörden geworden ist, eingetragen wird.

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Brutale Übergriffe wie in Werne sind für die 17 Gerichtsvollzieher in Bochum zwar eine absolute Ausnahme, verbale Attacken wie Drohungen kämen alle paar Wochen vor. „Ich mach dich Krankenhaus“, habe neulich ein Schuldner gesagt. Oder: „Ich weiß, wo du wohnst und wo deine Kinder zur Schule gehen“. Das sei „verbaler Druck“. Die, die sowas sagen, kämen aus allen Kreisen der Gesellschaft.

Gewaltattacke hinterlässt Spuren

Veit selbst, seit 27 Jahren im Amt, versucht dann, wenn möglich, die Situation „runterzukochen“. Auch die verprügelte Kollegin sei sehr erfahren in diesen Dingen. „Ich weiß, sie lässt sich nicht provozieren, ist moderat, gibt keine pampigen Antworten. Hinsichtlich Deeskalation ist sie vorbildlich.“

Die Gewaltattacke hat auch bei Veit Spuren hinterlassen: „Ich versuche, noch mehr Aufmerksamkeit in Schuldnerwohnungen zu schärfen.“ Schon vorher hat er sich dort immer so hingesetzt, dass er einen freien Fluchtweg hat.