Bochum. . Die „Mei-Coop“ ist eine privat organisierte Kooperative. Ihr Modell funktioniert so gut, dass es weit mehr Interessenten als freie Plätze gibt.
Wenn Ewald Groth in den vergangenen acht Jahren eines gelernt hat, dann ist das Gelassenheit. Als der 65-Jährige, der sich selbst einen „Vereinsmeier-Typen“ nennt, Mitglied in der Lebensmittelkooperative „Mei-Coop“ wurde, fragte er als erstes nach der Satzung. Es muss doch Regeln geben, dachte er sich. Festgeschriebene Regeln. Sonst kann das doch nicht funktionieren.
Aber es funktioniert. „So eine Art Schwarmintelligenz“ sei da am Werk, sagt Groth lächelnd, „am Ende wird immer irgendwie alles gut“.
Aber erst einmal zurück zum Anfang. Wer den Laden der Kooperative an der Josephstraße in Hamme betritt, steht direkt im Verkaufsraum: An der Decke baumelt eine alte Hörzu-Reklame, Überbleibsel aus einer anderen Zeit. Ebenso wie die wuchtige Lebensmittelwaage, die eingerahmt wird von offenen Kisten voller Obst und Gemüse. An einer Wand stehen einfache Regale mit dem „Trockensortiment“: Nudeln, Reis, Mehl oder Haferflocken, außerdem Aufstriche, asiatische Lebensmittel und Backzutaten, neben der Tür hat ein Buffetschrank aus dunklem Holz seinen Platz, gefüllt mit verschiedenen Marmeladen.
Fünf Kühlschränke als Frischetheke
Im Nebenzimmer ist die „Frischetheke“ untergebracht: zwei Kühlschränke für Milchprodukte, einer ausschließlich für Käse, gegenüber der vegetarisch-vegane und daneben der Fleischkühlschrank.
„Mei-Coop“ ist ein Tante-Emma-Laden für Mitglieder. Kein Verein, sondern eine private Kooperative, wie Paula Braceschi-Ader betont. „Wir betreiben das alles eigenverantwortlich.“ Den Mitgliedern gehe es vor allem um die „wohnortnahe Versorgung mit Bio-Lebensmitteln und um die interessante Gemeinschaft“, aber auch darum, sich selbst einzubringen, das Sortiment mitbestimmen zu können. Oder schlicht um entspanntes Einkaufen: Als Sandra Wicke vor etwa fünf Jahren Mitglied wurde, hatte sie „mit Bio gar nichts am Hut“. Doch sie wollte nicht mehr in herkömmlichen Supermärkten einkaufen, „dort ist es mir zu laut und zu voll, das stresst mich einfach“. Mittlerweile erledigt sie einmal pro Woche ihren Einkauf in der Josephstraße, wirft kaum noch etwas weg und hat festgestellt, „wie wenig man eigentlich wirklich braucht“.
Die Preise in der Mei-Coop? „Moderat“. Der Zeitaufwand? Jeder hat einmal im Monat Dienst, muss putzen oder Lebensmittel bestellen, annehmen, wegräumen. Im Verkauf selbst arbeitet allerdings niemand – jedes Mitglied besitzt einen Schlüssel und schreibt seine Einkäufe genau auf. Man überweist einen individuellen Monatsbeitrag; wer mehr einkauft als sein Guthaben hergibt, zahlt eben nach.
20 Interessenten auf der Warteliste
„Alles basiert hier absolut auf Selbstorganisation, Zuverlässigkeit und Vertrauen“, sagt Paula Braceschi-Ader. Neuzugänge kämen deshalb in der Regel nur über ein Mitglied, das sie schon kennt. Sie und ihr Mann sind seit 1999 dabei, und wären es sogar noch länger, wenn die Warteliste das zugelassen hätte. Denn die Plätze waren und sind begrenzt. Zu viele Mitglieder würden das Ganze unübersichtlich und kompliziert machen. Also ist bei 25 Haushalten – das sind um die 50 Erwachsene aller Altersstufen – Schluss. „Wenn man nur 15 Haushalte hätte, müsste man die Auswahl einschränken“, erklärt Groth, „über 25 wird es zu voll“. Deshalb harren auch aktuell wieder um die 20 Interessenten auf der Warteliste aus. Ihnen wäre geholfen, wenn sich weitere Kooperativen in der Stadt gründen. Darauf hofft Ewald Groth.
Mitglieder beteiligen sich an Mietkosten
„Mei-Coop“ wurde 1981 gegründet. Die Kooperative ist nicht gewinnorientiert, sondern soll sich nur selbst tragen.
Ein kleines Plus ist dennoch notwendig, um zum Beispiel Neuanschaffungen wie Kühlschränke finanzieren zu können.
Mitglieder zahlen einen Anteil an Miete und Nebenkosten des Verkaufsraumes.
„Wir würden eine solche Neugründung mit Rat und Tat unterstützen“, verspricht er. Man müsse nur mit ein wenig Zuversicht an die Sache herangehen, so manches dauere eben ein bisschen länger in einer Kooperative, in der alle mitbestimmen dürfen. Doch am Ende, das hat sich für ihn in den vergangenen acht Jahren bewahrheitet, wird eben immer alles irgendwie gut.