Das Jobcenter Bochum bereitet 700 Langzeitarbeitslose auf die Rückkehr in die Arbeitswelt vor. Die ersten könnten schon im Januar anfangen.

Sollte der Bundestag am 14. Dezember das Gesetz zur „Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem Arbeitsmarkt“ verabschieden, können allein 2019 bis zu 800 sozialversicherungspflichtige Jobs für langzeitarbeitslose Bochumer finanziert werden (Infobox). Das Jobcenter bereitet derzeit 700 der etwa 6500 Langzeitarbeitslosen in der Stadt auf eine Rückkehr ins Arbeitsleben vor.

Auch Unternehmen beschäftigen sich mit der Frage, ob sie Arbeitnehmer mit brüchiger Berufslaufbahn einstellen. Anfragen für 450 Stellen, vorwiegend aus dem gewerblich-technischen Bereich, davon 80 aus der Privatwirtschaft, sind bislang beim Jobcenter eingegangen.

Erste Stellen könnten im Januar 2019 besetzt werden

„Wir sind auf einem guten Weg“, sagt Stefan Thimm, beim Jobcenter Bochum zuständig für die Koordination des Sozialen Arbeitsmarktes. Sofern die Eigenschaften der Bewerber und das Anforderungspaket von Firmen übereinstimmen, könnten die ersten Stellen bereits Anfang Januar besetzt werden – sollte das Gesetz verabschiedet werden.

450 Stellen direkt, weitere 350 indirekt finanzierbar

Durch das Teilhabegesetz stehen etwa 8,5 Millionen Euro allein in Bochum für das kommende Jahr zur Verfügung.

Davon lassen sich 450 Vollzeitstellen finanzieren, bei denen das Jobcenter im ersten Jahr 100 Prozent der Lohnkosten auf Tariflohnniveau übernimmt. Bis zu 350 weitere Stellen lassen sich, so heißt es, durch den Passiv-Aktiv-Tausch finanzieren. Leistungen, die das Jobcenter nicht mehr bezahlen muss, da Klienten Arbeit gefunden haben, fließt in die Finanzierung weiterer Stellen auf dem sozialen Arbeitsmarkt.

Während Kritiker fürchten, die Umsetzung könnte an zu hohen Einstellungshürden und Erwartungen der Firmen scheitern, nimmt das Jobcenter wahr, dass Arbeitgeber um die besondere Situation wissen. „Wir hören, dass viele weniger an Zeugnissen interessiert sind als an persönlichen Kompetenzen. Das Menschliche müsse stimmen“, so Stefan Thimm.

Industrie ist skeptisch und „frei von Euphorie“

Viele Unternehmen gehen davon aus, „dass die Standards gesenkt werden müssen, weil wir nicht mehr aus dem Vollen schöpfen können“, wie Oliver Klug, Hauptgeschäftsführer des in Bochum ansässigen Arbeitgeberverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen sagt. Vor allem Personalplaner seien sich dessen bewusst. Am Ende sei die Einarbeitung von Langzeitarbeitslosen vor allem eine Herausforderung für die Belegschaft.

„Frei von Euphorie“ (O-Ton) ist derweil Dirk W. Erlhöfer, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen mit Sitz in Bochum. „Die Industrie wird nicht Hauptträger dieser Maßnahme werden“, da es nur noch wenige Helfertätigkeiten im produzierenden Bereich gebe. Es sei zwar richtig, sich der Zielgruppe der Langzeitarbeitslosen zu widmen. Aber auch im Kampf gegen den Fachkräftemangel werde das Programm nur bedingt Wirkung zeigen.