Bochum. . Stadt und Kaufleute stören sich am Werbe-Wildwuchs in der Bochumer City. Ein Handbuch soll Regeln definieren. Das Gutachten kostet 100.000 Euro.
Größer, bunter, greller – wer dem Handel bei der Gestaltung von Fassaden und Schaufenstern freie Hand lässt, darf sich nicht wundern, wenn das Stadtbild den Bach runter geht. Verwaltung und Politik in Bochum haben das erkannt. Dem zunehmenden Werbe-Wildwuchs in der Innenstadt soll es an den Kragen gehen.
Der Rat beschloss im Juli als Sofortmaßnahme eine Gestaltungssatzung für nahezu die gesamte Innenstadt. Im zweiten Schritt entwickelt nun das Architekturbüro Farwick und Grote ein Gestaltungshandbuch mit Leitlinien.
Die Stadtplaner mit Büros in Ahaus und Dortmund sollen bis Sommer 2019 vorschlagen, wie künftig Fassaden, Schaufenster, Werbeanlagen und Warenständer auf den Bürgersteigen sowie das Mobiliar der Außengastronomie in Bochum aussehen sollen. „Die extreme Verunstaltung muss aufhören“, sagt Marc Mauer, Vorsitzender der Kaufleute-Initiative Bochumer City (IBO).
Kaufleute fordern eine Toilette
Der Einzelhandel begrüße das Handbuch ausdrücklich, so Mauer. „Das ist ein wichtiger Baustein, um Bochum attraktiver zu gestalten. Es geht uns aber nicht darum, die Innenstadt in einen zweiten Ruhrpark zu verwandeln.“ Im Herzen der Stadt müssten insbesondere hochwertige Materialien vorgeschrieben werden.
Andor Baltz vom gleichnamigen Modehaus bedauert indes, dass das neue Regelwerk nicht rückwirkend anzuwenden sein wird. Insbesondere die zahlreichen elektronischen Werbetafeln sind ihm ein Dorn im Auge. „Leider ist es jedoch so, dass diese auch nach dem Erlass einer Gestaltungssatzung nicht zurückgebaut werden müssen.“
Sauberkeit und Pflege
Baltz denkt zudem noch einen Schritt weiter: „Ein Gestaltungshandbuch alleine reicht nicht. Dies muss ergänzt werden mit einem Konzept für Sauberkeit und Pflege im öffentlichen Raum.“ Hinzu komme die Pflege der innerstädtischen Pflanzen und Grünanlagen. Baltz: „Zusätzlich benötigt die Innenstadt eine öffentliche Toilette, die einladend, sauber und behindertengerecht ist.“
Dritter Partner in dem Projekt neben Stadt und IBO ist Bochum Marketing. Der Werbe-Wildwuchs sei schon lange ein Thema, sagt Prokurist Thomas Weckermann. „Bislang war der Einzelhandel aber nie bereit, darüber zu reden.“
BO-MArketing hofft auf Fassadenprogramm
Weckermann hofft darauf, dass zudem viele Eigentümer von Innenstadt-Immobilien ihre Bauten auf Vordermann bringen. Ein öffentlich gefördertes Fassadenprogramm könne dabei helfen. So könnten auch Gebäude wieder sichtbar werden, deren Attraktivität in Vergessenheit geraten sei. Als Beispiel nennt Weckermann die 50er-Jahre-Bauten an der Kreuzung Bleichstraße/Boulevard.
Bei der Stadt war in der vergangenen Woche niemand bereit, Fragen zum Thema Gestaltungshandbuch zu beantworten. Stadtbaurat Markus Bradtke rief indes bei Farwick und Grote an und bat, Anfragen der WAZ nicht zu beantworten und auf die städtische Pressestelle zu verweisen.
Handbuch kostet rund 100.000 Euro
Auch zu den Kosten für das Gestaltungshandbuch schwieg die Stadt zuerst. „Zu Ihrer Frage der Kosten muss ich Ihnen mitteilen, dass diese nicht öffentlich sind“, hieß es. Erst nach einem Hinweis auf das Pressegesetz teilte die Stadt Freitagnachmittag doch noch mit, dass „das Angebot von Farwick und Grote für die Umsetzung dieser anspruchsvollen Aufgabe 98.868,06 Euro brutto“ beträgt.