Bochum. Das Naturschutzgebiet Oberes Oelbachtal zeichnet sich durch seltene Schilfflächen und Feuchtwiesen aus. Aber die Trockenheit bedroht dies.
Auf dem Harpener Hellweg hupt noch ein aggressiver Autofahrer, weil ihm das Abbiegen des Vordermannes auf den Waldparkplatz nicht schnell genug geht. Dann geht’s hinein in die Stille, in die Friedfertigkeit, die Ursprünglichkeit, die Zeitlosigkeit. Hier in Harpen, hart an der Grenze zu Dortmund, beginnt das Naturschutzgebiet (NSG) Oberes Oelbachtal.
Auf 50 Hektar breitet sich eine Naturlandschaft aus, die zu den wertvollsten der Stadt gehört. 30 davon liegen auf Bochumer Gebiet, 20 auf Dortmunder. Die Grenze markiert ein Bach mit drei Namen; Bövinghauser-, Harpener- und Ölbach. Es fließt, teils unterirdisch verrohrt, quer durch Werne und Querenburg in den Kemnader See.
„Nirgendwo sonst in Bochum finden wir so ausgedehnte Schilfflächen und Feuchtwiesen wie in diesem Naturschutzgebiet“, heißt es bei der Biologischen Station Östliches Ruhrgebiet. Es zieht sich stark länglich von Harpen bis nach Gerthe hoch und hat zwei völlig unterschiedliche Gesichter: Südlich das Berghofer Holz, ein im Schnitt 50 Jahre alter Wald mit Buchen, herrschaftlichen Pappeln, Erlen, Bergahorn und Eichen, zwischen denen sich im Unterholz das weiße Buschwindröschen hinzugesellt hat. Nördlich geht das NSG in weites Freiland über, mit vier Seitensiepen (ganz kleine feuchte Kerbtäler) und einer seit Jahrtausenden bewirtschafteten Ackerfläche von großer Fruchtbarkeit. Eine vorzügliche Aussicht über das Naturjuwel bietet sich von der im Norden anschließenden Berghalde der ehemaligen Zeche Lothringen.
Seltenheiten und Artenvielfalt
Ein Naturschutzgebiet wird kein Naturschutzgebiet, nur weil es schön und unberührt ist. Es muss dort Seltenheiten geben und eine große Artenvielfalt. Das ist hier der Fall. Bei den Bäumen sind es zum Beispiel die mehr als 100 Jahre alten Buchen, in der Vogelwelt die Baumfalken, die verhuschte Wasserralle, der Kuckuck, die Nachtigall, der Feldschwirl, Teichrohrsänger und Rohrammer. Und dies alles in einem pflanzenreichen Mosaik an Feuchtbrachen und Schilfbeständen. Dort wächst auch der äußerst seltene Riesenschachtelhalm, er steht auf der roten Liste bedrohter Arten im Ruhrgebiet.
Die jüngste Trockenheit hat dem NSG ziemlich zugesetzt. „Wir haben hier eine sehr angespannte Wassersituation vor Ort“, sagt Richard Köhler, Biologe bei der Biologischen Station. Es könne sein, „dass bestimmte Arten an ihre Existenzgrenze kommen“.
Ein Problem sind auch Halter von Hunden, die nicht angeleint sind. „Für die wilden Tiere ist das eine Belastung, wenn die Hunde die Wege verlassen“, sagt Köhler. „Viele habe ihre Hunde nicht im Griff, sie stöbern dann die Tiere auf, die dann ihr Revier aufgeben.
Außerdem gibt es viele wilde Trampelpfade, obwohl das Verlassen der Wege verboten ist. „Deshalb erarbeiten wir ein Wegekonzept, damit die Menschen wissen, wo sie herlaufen sollen“, sagt Melanie Gronewald von der Unteren Naturschutzbehörde. Es soll ein ausgeschilderter Rundweg werden.
In weniger als einem Stündchen ist das NSG gemächlich durchlaufen. Die Ruhe dort ist für eine Großstadt außergewöhnlich. Dann geht’s wieder auf den Harpener Hellweg. In den Autoverkehr.