Bochum. 7800 Alleinerziehende leben in Bochum. Das ist jeder vierte Haushalt mit Kindern. In Westenfeld ist der Anteil der Single-Eltern am höchsten.
So verschieden alleinerziehende Mütter sind, so individuell jede Lebensgeschichte ist: „Eines haben sie alle gemeinsam“, sagt Daniela Kolenda und ihr Lächeln zeugt von Bewunderung: „Sie sind allesamt Kämpferinnen.“ Denn Kraft und Durchsetzungsvermögen sind vonnöten, in einer Gesellschaft, in einer Arbeitswelt, in der es Single-Eltern noch immer besonders schwer haben. Dabei sind die „Kampfgebiete“ in Bochum unterschiedlich ausgeprägt.
7500 Alleinerziehende (93 Prozent Frauen) weist die Statistik der Stadt (2016) aus. Das sind 24 Prozent aller Haushalte mit Kindern. „Der Anteil ist seit Jahren gleich“, sagt Daniela Kolenda vom Referat für Gleichstellung und Familie. Ebenso wie die Stadtteile mit dem höchsten und niedrigsten Anteil an „Einzelkämpfern“. Westenfeld mit 32,3 Prozent ganz oben. Hordel mit 12,7 Prozent ganz unten.
Günstige Mieten sind elementar
Warum dieses Ungleichgewicht? Die stellvertretende Referatsleiterin Claudia Evers führt die Infrastruktur als Hauptursache an. Preiswerter Wohnraum mit Kitas und Schulen in der Nähe und eine gute ÖPNV-Anbindung seien für viele Alleinerziehende elementar. Und da sieht die Welt in Westenfeld nun mal anders aus als in Hordel.
Gerade günstige Mieten sind wichtig. Denn das Geld ist meist knapp. Trotz leichter Verbesserungen und oft hoher beruflicher Qualifikation tragen Mütter und Väter, die ihre Kinder alleine großziehen, mit 37 Prozent ein dreifach höheres Armutsrisiko als Paarfamilien. Claudia Evers und Daniela Kolenda wissen warum. Es sei furchtbar kompliziert, mitunter unmöglich, Job und Erziehung unter einen Hut zu bringen. An flexiblen Arbeitszeiten mangele es ebenso wie an ausreichender Betreuung in Kindergärten und Schulen. Vielfache Konsequenz: Hartz IV, ein Leben am Existenzminimum, ständig in Zeitnot, die Belastungsgrenze drohend in Sichtweite. „Alles“, sagt Daniela Kolenda, „ruht auf den eigenen Schultern. Alles muss ohne Partner bewältigt werden.“
Netzwerke werden geknüpft
Doch: „Die Kleinfamilien verstehen es oft meisterhaft, Netzwerke zu knüpfen“, beobachtet Claudia Evers. Eltern, Freunde, andere Mütter: Man unterstützt sich gegenseitig. Im Alltag. Und in Gruppen wie beim Frühstück für Alleinerziehende, das monatlich in der Freien Evangelischen Kirchengemeinde an der Dirschauer Straße in Wiemelhausen aufgetischt wird (nächster Termin am 6. Oktober um 10 Uhr).
Als die WAZ eines der Treffen besucht, offenbart sich ein weiteres Dilemma. Ute erkundigt sich, ob die Nachnamen in der Zeitung erscheinen. Sie hat sich gerade für einen neuen Job beworben – und nicht angegeben, dass sie alleinerziehend ist. „Dann sinken die Chancen“, argwöhnt die 46-Jährige. Vorbehalte. Vorurteile. Doch siehe oben: Aufgeben ist keine Option. Denn was Kirsten beim Frühstückstreff sagt, gilt in Westenfeld ebenso wie in Hordel: „Ein liebendes Umfeld ist für ein Kind immer besser als eine kaputte Ehe.“