Bochum. . Dieses Jubiläum wird nur noch selten gefeiert: Eva-Maria Karmelita arbeitet seit 50 Jahren in der Augusta-Klinik. Anfangs war sie „Revoluzzerin“.
„Ich war ein Quergeist“, sagt Eva-Maria Karmelita mit einem noch immer rauflustigen Blitzen in den Augen, „ein ziemlich wildes Mädchen.“ Und doch diszipliniert, loyal, bodenständig, immer geradeaus. In diesen Tagen feiert sie ein Berufsjubiläum, das in der schnelllebigen Arbeitswelt eine Seltenheit ist: Seit 50 Jahren ist sie in der Augusta-Klinik beschäftigt. Anfangs als Schwesternschülerin. Heute als Leiterin des Pflegemanagements.
Eine Jahreszeit, ein Lebensgefühl: 1968
Eine Jahreszahl, ein Lebensgefühl: 1968. Die Welt steckt im Umbruch, die Jugend begehrt auf, als für die (O-Ton) „Revoluzzerin“ eine Zeitenwende beginnt. Als Hans-Böckler-Realschülerin war die Querenburgerin regelmäßig auf Demos und Sit-ins, prangerte Kriege, Unrecht und soziale Missstände an. Gerne im Minirock. Gerne grell geschminkt. Mit den Stones, Donovan und Joan Baez als Taktgeber. Die Schwestern-Ausbildung nach der Mittleren Reife bietet einen Kontrast, der krasser kaum sein kann. Weißes Häubchen, adrette Schürze, Nesselbluse mit Gummikragen: Die Kleiderordnung der Diakonissen-Schwestern, die seinerzeit (und noch bis 1988) die Pflege im Augusta leiten, ist streng. Sittsamkeit und Fleiß sind gefragt. Politik bleibt draußen.
Eine Revoluzzerin, die Disziplin kann
Die Revoluzzerin fügt sich – und erkennt schnell, dass die Disziplin und Arbeitsbereitschaft, die die Diakonissen täglich vorleben, wahrlich keine schlechten Tugenden sind. Zielstrebigkeit prägt die nächsten Jahre, Jahrzehnte. Und eine Eigenschaft, die Eva-Maria Karmelita „Rundumblick“ nennt: zu wissen, was wann zu tun ist.
Und zu tun gibt’s reichlich. Binden und Tupfer landen nach Gebrauch nicht im Müll, sondern werden gewaschen und wiederverwendet. Stullen und Suppen werden von den Schwestern zubereitet. Und Zeit für die Patienten ist auch noch da. „Das war wie ‘ne Kur. Vier bis sechs Wochen betrug die Liegezeit.“ Heute sind’s vier bis sechs Tage. Wenn’s hochkommt.
Über ihre Karriere mag die Ehefrau und Mutter einer Tochter kein Aufhebens machen. Schon kurz nach dem Examen wird sie Abteilungsleiterin, baut die erste Bochumer Intensivstation mit auf, absolviert etliche Fortbildungen und übernimmt in den 90er Jahren die Pflegedienstleitung: als Chefin von rund 1000 Pflegekräften, die an den Klinikstandorten in Bochum und Hattingen jährlich 36 000 Patienten versorgen.
Abschied im Januar 2019
Hat sie nie an einen Wechsel gedacht? „Ich hab’ häufiger damit geliebäugelt“, lächelt die 66-Jährige, die so beneidenswert jung aussieht. „Aber letztlich bin ich geblieben. Ich wusste ja, was ich hier habe.“ Nicht zuletzt Ulrich Froese, Augusta-Geschäftsführer, mit dem sie seit fast 40 Jahren zusammenarbeitet.
Beim Mitarbeiterfest wurde Eva-Maria Karmelita kürzlich für ihr Berufsjubiläum geehrt. Ein Abschied war es noch nicht. Bis zum 31. Januar 2019 bleibt sie der Klinik erhalten, um ihre Nachfolgerin Iris Fath einzuarbeiten. Dann, erst dann, ist es Zeit loszulassen und sich ihren Hobbys zu widmen: etwa der Malerei. „Irgendwas Verrücktes“ wolle sie schaffen. Der Quergeist ist noch quicklebendig.