Bochum. Gemeinsam konstruieren Dieter Propp und Reiner Butterwegge Fahrräder aus Holz und wertigen Komponenten. Geld verdienen wollen sie damit nicht.

Am Anfang stand die Frage: Was nehmen wir: Esche? Zebrano? Nussbaum? Feine Hölzer sind der Stoff, aus dem Dieter Propp (75) und Reiner Butterwegge (69) die Rahmen ihrer „Woodbikes“ bauen. Bremsen, Lager oder Sattel werden zugekauft, Räder oder Gabeln stammen von alten Rennrädern. Ihre ersten beiden Holzräder sind gelungen, die Tüftler radeln damit gern durch die Gegend. „Das sind schon Hingucker in der Stadt“. Bewunderndes Staunen ist ihnen sicher, Fragen beantworten sie gern.

35 Jahre im Innenausbau

Der sorgfältige Umgang mit Holz war Dieter Propps Metier. Für eine Schreinerei in Werne baute der Meister über 35 Jahre ungezählte Wohnungen, Häuser oder Büros im Raum Bochum aus. 2008 ging er in Rente, bis heute, mit 75, ist er „Holzwurm“ mit Leib und Seele.

Reiner Butterwegge ist „der Metaller“ und sein Lehrling. Bis 2009 leitete er das Kriminalkommissariat 12, zuständig für sexuellen Missbrauch, Vergewaltigung und Prostituion. Nach dem Dienst erholte er sich beim Arbeiten mit Holz. Im Dienst lernte er Propp kennen und schätzen, später wurden sie Freunde.

Der Samstag ist ihr Tag: Ab 10.30 Uhr treffen sie sich an Propps alter Wirkungsstätte, sie planen und werkeln bis zum Nachmittag. Mittags wird ein feiner Rotwein entkorkt, dazu gibt es frische Croissants. „Wir sind hier schließlich zum Vergnügen.“ Prosit!

Erstes Holzrad war nach einem Jahr fertig

Die Idee, ein Rad aus Holz zu bauen, war länger schon ein Thema, 2014 machten sie sich an die Umsetzung. „Es hat gut ein Jahr gedauert von der ersten Planung bis zur Probefahrt“, erinnert sich Butterwegge. 2015 war das Modell Nr. 1 startklar: Ein „Single Speed“ (ein Gang) aus französischem Nussbaum-Furnier, mit Ledersattel und messerscharfen Rennreifen. Nr. 2 aus Zebrano-Holz folgte: mit neuem Design, Acht-Gang-Nabenschaltung und Scheibenbremsen.

In diesem Jahr fertigen sie gleich vier Modelle. Die Technik ist erneut verfeinert: Das Flugzeug-Sperrholz des Rahmens erhält in einer selbst gefertigten Pressform eine elegante Wölbung. Lenk- und Tretlager, Bremsen oder die Chromgabeln sind neu, Lenker oder Sitzrohre stammen von alten Rennrädern. Wichtige Verbindungsteile aus Edelstahl baut ihnen ein Freund exakt auf Maß.

Vernehmungssituation für Missbrauchsopfer verbessern

Missbrauchte Kinder und Erwachsene sollte man nicht in kalten Dienstzimmern vernehmen, entschied Reiner Butterwegge, Leiter des Kriminalkommissariats 12, Ende der 1990er Jahre.

Er sorgte für ein neues Vernehmungszimmer im Polizeipräsidium Bochum: ein sonniger Raum mit weichem Boden und Kuscheltieren, in dem sich die Opfer sicher und geborgen fühlen können.

Kameras und Mikrofone, fast unsichtbar, zeichnen jedes Wort, jede Regung für den späteren Prozess auf. Dieter Propp und Butterwegge planten gemeinsam die Gestaltung des Raums.

Und was kostet so ein Prototyp aus Meisterhand? „Die Räder sind unbezahlbar“, sagt Butterwegge. Shimano-Nabenschaltung, Lager von Campagnolo, britischer Ledersattel – „das sind ja alles keine Billigteile.“ Hinzu kommen ungezählte Arbeitsstunden: Ein paar Tausender wären schnell fällig.

Verkaufen ist für sie aber gar kein Thema. „Das ist unser Hobby“, sagt Propp bestimmt. „Andere sammeln Briefmarken, ich sammle schöne Räder.“ Butterwegge ergänzt: „Einen Markt gibt es vielleicht, aber wir wollen und müssen das nicht.“ Die intensiven Stunden zu zweit, die Lust am Tüfteln, die Freude am präzisen Handwerk – dies und mehr könnte sonst wieder in Arbeit enden, mit Druck und Zwängen. Das aber haben beide hinter sich.