Der Strukturwandel brauchte in Bochum einen langen Atem
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Bochum. Nach dem Zechensterben stand auch in Bochum die Frage im Raum: Was kommt dann? Graetz, Opel und die Ruhr-Uni setzten neue Akzente.
Die Stadt hatte ab Mitte der 1950er Jahre manchen Versuch unternommen, den schon absehbaren Niedergang des Haupt-Wirtschaftszweiges „Bergbau“ durch Neuansiedlungen anderer, zukunftsträchtigerer Industrien abzufangen.
Wechselfälle der Ökonomie
Bereits 1956 hatten in Riemke die Fernseh-Werke Graetz eine Produktionsstätte eröffnet; damals, im „Wirtschaftswunder“, war das ein High-Tech-Betrieb. Größter Erfolg – und später Vorzeige-Objekt im Musterkatalog des Strukturwandels im Ruhrgebiet – war allerdings die Ansiedlung der Opel-Werke ab 1960. Der Wechsel von schmutzigen Untertage- zu „sauberen“ Industrie-Arbeitsplätzen markierte einen Meilenstein in der Bochumer wirtschaftlichen Entwicklung. Fast 60 Jahre danach ist auch das schon wieder Geschichte.
Vor dem Hintergrund der Wechselfälle der Ökonomie ist allerdings die Ansiedlung der Ruhr-Universität womöglich der größte Coup, den die Stadt je gelandet hat. Hier wurde nicht ein Industriesektor (Kohle) gegen einen anderen (Autoproduktion) getauscht, sondern ein ganz neues Fass aufgemacht. Was die Ruhr-Uni für die Stadtentwicklung, für die Außendarstellung Bochums als Studentenstadt, für den Wissenschafts- und Forschungsstandort und nicht zuletzt für das Selbstverständnis der Bürger gebracht hat, kann man gar nicht überschätzen.
Schwieriger Flächenerwerb
Ein massives Entwicklungsproblem stellte jahrelang die Folgenutzung von aufgelassen Flächen aus der Kohle-/Stahl-Epoche dar. Schon die Verkaufsverhandlungen zogen sich zum Teil über Jahrzehnte hin, die Flächenentwicklung oft noch länger. Man denke an das vergammelte Areal der Zeche Engelsburg (Stilllegung 1960), das erst 2005 durch den Neubau des Bogestra-Betriebshofs reaktiviert wurde. Große Teile der Schachtanlage Robert Müser († 1968) jenseits des Werner Hellwegs liegen bis heute brach.
Weil die Umnutzung alter Bergbauflächen nicht ohne Reibungsverluste abging, machte sich die Stadt in Kooperation mit dem Land zeitgleich an die Ausweisung von Flächen, die der Entwicklung von (kleineren) Industriezonen Vorschub leisten sollte. Ein frühes Beispiel ist der Gewerbepark Harpener Feld, das Gelände erstreckt sich auf 626 000 Quadratmetern zu beiden Seiten des Castroper Hellwegs und wurde dort, „auf der grünen Wiese“, gezielt wegen der guten Anbindung sowohl an die A 40 als auch an die A 43 platziert. Bis in die 1950er Jahre hinein hatte noch die Landwirtschaft die Gegend dominiert. Es gab dort lediglich eine Ziegelei und die ehemalige Flak-Kaserne, deren Gebäude heute vom Technischen Hilfswerk genutzt werden.
Co-Finanzierung durch Bund und Land
Zwischen 1956 bis 1974 wurden die Grundstücke im Dreieck der Autobahnen durch die Stadt Bochum erworben, Basis war die Co-Finanzierung aus Struktur-Förderprogrammen von Bund und Land. Die ersten Ansiedlungen fanden 1965 statt; neben Speditionsbetrieben und Gewerbe gehörte dazu auch die Umsiedlung des Bochumer Milchhofs.
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