Bochum. Bessere Entwicklungsmöglichkeiten für Handwerker möchte Bochum schaffen. Dazu wird nun der Flächenbedarf ermittelt – etwa für einen Handwerkshof.
Lange hat es sich in einem Schattendasein gewähnt. Zu wenig Nachwuchs, zu wenig Umsatz, zu wenig öffentliche Aufmerksamkeit, zu wenig Entfaltungsmöglichkeiten. Das Handwerk hat mit vielen Sorgen zu kämpfen. Dazu gehört auch der Mangel an Flächen für Neuansiedlungen und Erweiterungen von Betrieben. Dem wollen Stadt und Kreishandwerkskammer jetzt gemeinsam begegnen.
Unweit des Wohngebiets
„Wir wollen Möglichkeiten schaffen, damit sich das Handwerk noch besser entwickeln kann“, sagt Stadtbaurat Markus Bradtke. Dabei denkt er an die Bereitstellung von Flächen – und das in einer bislang nicht bekannten Form. Es geht um die Idee eines Handwerkerhofs, eines Areals, auf dem sich ausschließlich klassische Handwerksbetriebe niederlassen – und das womöglich in oder unweit eines Wohngebiets. Beispiele dafür gebe es bereits in Hamburg, München und Nürnberg, so Kreishandwerksmeister Michael Mauer.
„Urbane Produktion“ als Zauberwort
„Urbane Produktion“ heißt das Zauberwort, mit dem das Nebeneinander von Wohnen und emissionsarmer Arbeitswelt geschaffen werden soll. Denn: Die bislang betriebene räumliche Abgrenzung von Lebensbereichen – Wohnen, Arbeit, Konsum, Kultur – führe zu großen Verkehrsbelastungen, die vermieden werden könnten – wenn Betriebe ohne oder nahezu ohne Lärm-, Staub- und/oder Geruchsbelästigung produzieren können.
Erfahrungen aus den USA
Das sei, so Kreishandwerksmeister, angesichts fortschreitender Automatisierung durchaus möglich, meistens indes nur an neuen Standorten in extra dafür eingerichteten Betriebsstätten. Und: „Studien in den USA, die eine Re-Industrialisierung anstreben, kommen zu dem Schluss, dass kleine städtische Produzenten produktiver sind und bessere Löhne zahlen als große Arbeitgeber“, heißt es in einem Papier des Bundesministeriums für Forschung und Entwicklung (BMBF).
4000 Fragebögen werden verschickt
Abgefragt werden Daten und Wünsche
Abgefragt werden von den Handwerksbetrieben nicht nur statistische Daten wie die Zugehörigkeit zur Branche, Eigentumsverhältnisse und die Größe der bisher zur Verfügung stehenden Betriebsfläche.
Auskunft möchten Bau- und Planungsverwaltung und Kreishandwerkerschaft auch über potenzielle neue Standorte, über Möglichkeiten zur Kooperation mit anderen Betrieben und über den vermutlichen künftigen Flächenbedarf bekommen.
Handwerk braucht Flächen. Wie groß und wie konkret der Bedarf der insgesamt 8900 Betriebe mit 35 000 Beschäftigten im Bereich der Kreishandwerkerschaft (2824 Firmen sind es allein in Bochum) und wie groß die Bereitschaft von Inhabern zur Veränderungen ist, das soll nun mit Hilfe einer Umfrage ermittelt werden.
Dazu wurden in diesen Tagen 4000 Fragebögen verschickt. In gut drei Monaten sollen das Ergebnis der Umfrage vorliegen. „Und dann sehen wir, ob wir den nächsten Schritt angehen und mit der Planung beginnen oder nur die Erkenntnis gewonnen haben, dass es keinen Bedarf gibt“, so Stadtbaurat Bradtke. In jedem Fall sei es wichtig, nicht einfach irgendwelche Flächen bereit zu stellen, die am Ende womöglich niemand haben wolle.
Projekt wird öffentlich gefördert
Genau darin, in dem Miteinander von Stadt und Handwerkern, sieht Michael Mauer den ersten Gewinn der gemeinsamen Aktion: „Ich bin froh, dass wir mit- und nicht nur übereinander sprechen.“
Realisiert werden können Umfrage, Auswertung und eine Machbarkeitsstudie mit Mitteln aus zwei öffentlichen Töpfen, nämlich dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) für Langendreer – ein potenzieller Standort für einen Handwerkshof ist eine Fläche an der Straße "Auf den Holln“ in Werne – und BMBF-Mitteln zum Forschungsverbund „Urbane Produktion“. Firmen, die sich für eine Verlagerung ihres Standorts interessieren, stellen Wirtschaftsförderung und Kreishandwerkerschaft finanzielle Hilfe in Aussicht.