Bochum. . Vorab sparten Kritiker nicht mit abfälligen Kommentaren über das Musical. Jetzt feiert der Bochumer Starlight Express bereits den 30. Geburtstag.
Eine rote 30 haben sie schon aufgestellt, draußen vor der Tür. Ansonsten weist bisher wenig darauf hin, dass drinnen in der Halle seit drei Jahrzehnten fast täglich Züge fahren. Singende sogar. Und einer auch mit Sternenlicht. Der Starlight Express feiert am Dienstag Jubiläum. Und anders als zur Premiere, feiert Bochum gerne mit.
„Zu teuer, zu groß, zu seicht“, urteilen die Kritiker schon vor dem Start der Wettrennen um den Titel der schnellsten Eisenbahn der Welt. Der Intendant des Bochumer Schauspielhauses, Frank-Patrick Steckel, spricht gar von „Schrott auf Rädern“, und auch Ministerpräsident Johannes Rau ist am Premierenabend besorgt: „Hoffentlich ist es nicht zu laut!“ Ist es nicht. Aber erfolgreich ist es. Mittlerweile sind rund 16,5 Millionen Zuschauer in den Starlight Express eingestiegen, und wenn der Zug mal in Richtung Abstellgleis gerollt ist, lag es nicht am Stück, sondern an den finanziellen Schwierigkeiten der damaligen Betreiber.
Rund 400 000 Zuschauer im Jahr
Seit Maik Klokow, Produzent und Geschäftsführer der Mehr! Entertainment GmbH, die Show übernommen hat, laufen die Züge weitgehend geräuschlos. Klokow spricht von Besucherzahlen „von 370 000 bis 420 000 im Jahr“ und zuletzt 26 Millionen Euro Umsatz. „Unseren Leuchtturm“ nennt BO-Marketing-Prokurist Thomas Weckermann das Musical, und Einzelhandel sowie Gastronomie schwärmen von „Bochums größter Zugnummer“. Das ist nicht schlecht, für Starlight-Erfinder Andrew Lloyd Webber aber kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Zum 30., entschied er, werde er die Musik neu arrangieren und die Handlung etwas variieren.
Der Zeitgeist, hat der Brite erkannt, habe sich verändert. Gerade für ein Stück wie den „Starlight Express“, das schon kurz nach seiner Premierenfahrt manchen Kritikern als „sexistisch“ gilt. Weil Frauen hier nur als Anhänger und damit als Anhängsel über die Bühne rollen. Viel singen, aber wenig zu sagen haben. Das ist künftig vorbei. Raucherwagen Ashley und Büffetwagen Buffy sind von der Schiene genommen worden und werden ab Dienstag durch den Gepäckwagen „Carrie“ und den Barwagen „Belle“ ersetzt, die Webber als , „starke, selbstbewusste Frauenfiguren“ beschreibt. Und aus „Papa“, eine der Hauptrollen, wird eine „Mama“.
Neue Version zum Jubiläum
Bei so vielen Neuerungen, will das Theater nicht zurückstehen. „Ein bisschen was zu verändern“, hatte Klokow geplant. Daraus sind 4,5 Millionen Euro geworden, die der 53-Jährige investiert hat. Ein neues Foyer hat das Theater bekommen, mit rotem Teppich, weißen Lackmöbeln und Sternenhimmel.
Das meiste Geld aber ist in den Theatersaal geflossen. Drohnen sollen dort künftig fliegen und High-Tech-Projektoren können immer neue virtuelle Bühnenbilder und Schienenstränge zaubern. „So nah dran wie noch nie“ seien die Besucher, sagt Klokow und verspricht „noch mehr Action, noch mehr Tempo“.
Reva Rice wird die erste „Mama“ sein
Ein gemütliches Kammerspiel war die Show noch nie, „aber in der neuen Version ist sie eine echte Herausforderung“, bestätigt Georgina Hagen, die seit Jahren den Erste Klasse-Wagen „Pearl“ spielt. Auch Tanz- und Skate-Stil hätten sich geändert, ganz zu schweigen von den vielen neuen Details der Kostüme, sagt Reva Rice, die schon am Broadway die Rollschuhe schnürte und nun die erste „Mama“ wird.
„Im Grunde“, sagt Hagen, „ist das fast eine neue Show“. Die „Message“ aber sei geblieben, stellt Rice klar. „Glaube an dich selbst. Gib nicht auf.“ Das kommt an, nicht nur im Ruhrgebiet, aber da besonders gut. Die Mitarbeiter glauben jedenfalls an die Show. Corinna Schuster etwa wollte nur für ein paar Monate am Eingang zum Bühnenbereich arbeiten. Daraus sind 25 Jahre geworden. „Hätte ich nie gedacht“, sagt die heute 56-Jährige. Jetzt aber ist sie überzeugt: „Ich bleibe noch bis zur Rente.“