bochum. . Der Stadtelternrat bringt sich in die Organisation der Kindergärten ein. Stimmrechte haben die Eltern bisher allerdings nicht in allen Bereichen.
Man könnte annehmen, dass viel gemeckert wird, dass es eine tief sitzende Unzufriedenheit ist, die etwa 35 Väter und Mütter dazu motivieren kann, mitten in der Woche in der Familienbildungsstätte eine Tagesordnung durchzuackern, die einen langen Abend verspricht. Doch es ist kein Ärger, der sie antreibt. Vielleicht hier und da, vielleicht den einen mehr als den anderen, aber nein, die meisten sind aus einem anderen Grund hier: Sie wollen sich konstruktiv an der Organisation und der Gestaltung des Kindergartenalltags in der Stadt beteiligen.
Paragraf 9 a im Kinderbildungsgesetz NRW (KiBiz) gesteht ihnen dieses Recht seit 2011 zu. In Bochum wird es, anders als in manchen anderen Ruhrgebietsstädten, auch umgesetzt. Jede Kita wählt Elternbeirate, diese wiederum wählen stadtweite Vertreter: den Jugendamtselternbeirat, auch Stadtelternrat genannt.
Väter und Mütter sind gut informiert
Damit das Gremium aber überhaupt eine Chance hat, irgendetwas mitzugestalten, müssen seine Mitglieder vor allem gut informiert sein. Und so referiert der Vorstand bei der Vollversammlung zu vorab festgelegten Schwerpunktthemen, wie etwa Kita-Finanzen, Kita-Essen, Stundenkontingente, Inklusion – zwischendurch wird nachgefragt und diskutiert.
Genauso unterschiedlich wie die Themen sind die familiären und beruflichen Hintergründe der Vorstandsmitglieder: Janine Dongart arbeitet als Fachkraft für Sprache in zwei Kitas, die Vorsitzende Dr. Carola Scheer-Vesper ist als Wissenschaftlerin und Dozentin im Bereich Polizei- und Kriminalwissenschaften tätig, Christof Dee ist beim Landesprüfungsamt für Lehrämter angestellt – um nur einige Beispiele zu nennen.
Kontakt per Mail oder übers soziale Netzwerk
Auch auf Facebook ist das Gremium als „Stadtelternrat Bochum“ präsent. Dort informiert der Vorstand über aktuelle Themen. Eltern können über diesen Kanal auch Kontakt aufnehmen oder eine Mail an stadtelternrat-bochum@gmx.de schreiben.
Die gewählten Elternvertreter treffen sich das nächste Mal am 4. Juli zur Vollversammlung.
Was sie verbindet, ist das Elterndasein: Von einem bis zu sechs Kindern ist alles dabei, Kinder mit besonderem Förderbedarf ebenso wie ganz gesunde Kinder, Kinder im Säuglingsalter ebenso wie beinahe erwachsene Kinder. Hört man Carola Scheer-Vesper und ihren Beiratskollegen eine Weile zu, bekommt man einen Eindruck davon, wie viel Zeit sie in diese Arbeit stecken. Sie sind tief drin in der Materie, zitieren Paragrafen und Vorgaben, antworten auf Elternfragen so routiniert und abgeklärt, als hätten sie den „Fachkraft-Kind-Schlüssel“ oder die „Bedarfsdeckungsquote“ selbst erfunden. Haben sie aber nicht – und daran krankt das Gremium ein wenig. Denn obwohl die Eltern sich einbringen, diskutieren, Vorschläge machen sollen: Letztlich sind sie auf städtischer Ebene nur eine „beratende“ Instanz. Eine, die über Für und Wider von Beitragsfreiheit streitet, eine Reduzierung der Schließtage oder zumindest eine Angleichung der Kita-Schließtage an die Schul-Schließtage anregt und sich kleinere Gruppen wünscht.
Die Macht der warmen Worte
Aber bringen diese Debatten überhaupt etwas, kann Mitwirkung so ganz ohne das Stimmrecht im Jugendhilfeausschuss, das ein Positionspapier der Elternvertreter auf Landesebene fordert, gelingen? In der Theorie haben sie vielleicht nur wenig Macht, in der Praxis aber kann oft hartnäckiges Nachfragen bereits Dinge ins Rollen bringen. „Haken Sie nach“, „treten Sie dem Träger auf die Füße“, „fragen Sie, was aus dem Geld geworden ist“, rät der Vorstand den versammelten Eltern immer wieder.
Und irgendwie haben sie bei aller Debattier- und Kritisierlust ja auch noch eine ganz andere Art von Macht, wie eine Mutter anmerkt, als sich die Diskussion um die dringend notwendige Aufwertung des Erzieherberufs dreht: „Wir haben es selbst in der Hand, Erziehern unsere Anerkennung auszudrücken. Wir sind mit dem Meckern immer sehr schnell – aber ein ehrlich gemeintes Danke tut keinem weh.“
"Wir sollten uns diese Zeit nehmen"
Susan, warum engagierst du dich im Stadtelternrat?
Seit Bryan und Anthony zur Schule gehen, bin ich immer wieder Elternvertreterin gewesen. Als Leo in die Kita gekommen ist, war es dementsprechend von vornherein klar, dass ich auch da meine Unterstützung anbiete.
Ich denke, jeder Elternteil sollte sich entsprechend seiner Möglichkeiten einbringen. Mein Talent ist eben die Organisation und der Behördenkram, deshalb möchte ich damit gerne helfen. Die Zusammenarbeit von Eltern und Erziehern ist eine Grundvoraussetzung für die positive Entwicklung von Kindern. Beide Blickwinkel sind wichtig und funktionieren am besten, wenn sie sich ergänzen. Manchmal sind die Kitas eben einfach auf die Hilfe der Eltern angewiesen, wenn sie Projekte allein nicht stemmen können.
In Leos Kita sind alle Mitarbeiter total engagiert und haben schon im Kita-Alltag Unmengen mit Organisation und Papierkram zu tun. Wenn sie dann auch noch ihre Freizeit opfern, um etwas auf die Beine zu stellen, kann ich auch einen Teil meiner Freizeit opfern, um dabei zu helfen.
Ist die Arbeit zeitintensiv?
Es ist gar nicht so viel, wie man vielleicht denkt: zwei bis drei Sitzungen im Jahr, dazu die Vorbereitung und das Protokoll. Wenn eine Veranstaltung näherrückt, wird es natürlich aufwändiger, aber es lohnt sich. Außerdem arbeiten wir gerade in der Kita in einem sehr engagierten Elterteam zusammen. Das macht Spaß und reduziert die Arbeit für jeden einzelnen. Bei mir persönlich sind es aber eher mehrere Ämter in der Summe, die dann doch ziemlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Allerdings finde ich, dass gerade wir als Eltern uns diese Zeit nehmen sollten, um die Menschen zu unterstützen, die den größten Teil des Tages mit unseren Kindern verbringen. Die Erzieher sind wichtige Bezugspersonen gerade für die Kleinen und wenn wir als Eltern helfen können, den Arbeitsalltag etwas leichter zu machen, sollten wir nach unseren Möglichkeiten dazu beitragen.
Hast du Schwerpunktthemen?
Besonders wichtig ist mir das Thema Betreuungszeiten für berufstätige Eltern und die generelle Verfügbarkeit von Kita-Plätzen.