Bochum. . Fallzahlen steigen rasant an. Allein diesem Jahr sind es schon 130. Viele Einsätze wegen Bagatellen. Ein Tierschützer versteht die Anrufer aber.
Ein Igel auf der Straße, eine Amsel in einer Halle, eine reglose Taube am Gehweg, eine Entenfamilie auf der Fahrbahn, ein Pfau auf einem Garagendach und ein Greifvogel auf dem Treppenpodest: Wegen solcher Situationen wird die Feuerwehr immer öfter herbeigerufen. „Das ist eine Entwicklung, die wir nicht ganz verstehen“, sagt Feuerwehrchef Simon Heußen auf Anfrage.
„Generell wird heute viel häufiger angerufen. Das belastet die Einsatzkräfte.“ Es könne auch zu verzögertem Erscheinen an viel wichtigeren Einsatzorten kommen.
Etliche Fälle sind Bagatell-Situationen
Im Jahr 2016 rückte die Feuerwehr zu 128 Fällen von „Tieren in Notlagen“ aus. 2017 waren es 187. Im laufenden Jahr hat sich der Trend noch verschärft. Bis jetzt fuhr die Feuerwehr 130-mal los, um Tiere zu retten. „Ich gehe sehr stark davon aus, dass wir einen weiteren Anstieg erleben“, sagt Heußen.
Viele Einsätze sind Bagatellfälle. Heußen berichtet von einem Jungvogel, der in eine Wohnung geflattert ist. Die Bewohner bekamen ihn nicht mehr raus und wählten 112. „Da ist wirklich die Frage: Ist das was für die Feuerwehr?“
Oft reagieren Menschen mit Unverständnis
Teilweise lehnt die Feuerwehr es ab, wegen solcher Fälle rauszufahren. Doch das stößt vereinzelt auf Unverständnis der Anrufer. „Dann schicken wir doch einen Wagen hin, aber oft können wir nichts tun.“ Entweder sei das Tier längst wieder verschwunden oder aber so schwer verletzt, dass es beim Tierarzt nur noch eingeschläfert werden könne. Viele könnten nur schwer einschätzen, was dem Tier helfe oder nicht. Ganz oft handle es sich um verletzte kleine Wildtiere.
Wenn Tiere eingeklemmt oder abgestürzt seien, sei es „völlig okay“, die 112 zu rufen. Allerdings: Die Verletzung eines Wildtieres sei „ein Stück weit auch Natur“; einige Fälle müsse man auch „der Natur überlassen“ können.
„Eine knibbelige Sache“ sei das Thema, sagt Gerhard Kipper vom Tierschutzverein „Tiere in Not“. Auch er sagt: „Jedes Tier auf dieser Welt können wir nicht retten.“ Trotzdem pocht er darauf, dass der Bürger ein Recht habe, im Zweifel die Feuerwehr zu alarmieren; das sei „das Vernünftigste“. „Wir freuen uns über jeden Bürger, der sich so einer Kreatur annimmt.“ Tierschutz sei „eine kommunale Aufgabe“; notfalls müsse die Stadt die Feuerwehr dann besser ausstatten. Er dränge „schon seit Monaten“ auf ein Gespräch mit Veterinäramt, Feuerwehr und Tierheim.
>>> Wie Tiere gerettet werden können
Für Tierrettungen gibt es auch den „Tier-Notruf“ in Hattingen (Tel. 0700-000 192 92), der seit Ostern auch für Bochum zuständig ist. Er hilft bei Haustieren (vorher aber Polizei anrufen).
Um Wildtiere kümmert er sich bisher nicht. Das könnte er sich künftig aber vorstellen – und so die Feuerwehr entlasten.