Bochum. . Grubenunglücke stellen eine Gefahr in jedem Bergwerk dar. Auch Bochum hat eine lange Schreckensgeschichte. 1912 kamen in Gerthe 115 Kumpel um.
So lange Bergbau betrieben wird, sind Menschen ums Leben gekommen. Die Geschichte der Grubenunglücke zumal im Ruhrbergbau ist Legion; auch Bochum als ein ehemaliges Zentrum der Kohlewirtschaft taucht in diesen Todeslisten immer wieder auf. Erinnerung und Mahnung an die schrecklichen Geschehnisse tief in der Erde sind an vielen Stellen in der Stadt heute noch sichtbar.
Grubenunglücke haben viele Ursachen
„Grubenunglücke im deutschsprachigen Raum seit dem 16. Jahrhundert“ lautete vor 20 Jahren der Titel eines Buches. 2500 Unglücke listeten die Autoren Evelyn Kroker und Michael Farrenkopf (Deutsches Bergbau-Museum) in ihrem Werk auf. Von der ersten verzeichneten Katastrophe 1535 im österreichischen Schwaz, die rund 100 Tote forderte, bis hin zum Gebirgsschlag 1994 in Haus Aden/Monopol in Bergkamen, bei dem drei Bergleute verletzt wurden.
Grubenunglücke hatten viele Ursachen, in den Bergwerken an der Ruhr waren vor allem Kohlenstaub- und Schlagwetterexplosionen gefürchtet. Sie wurden beispielsweise durch die Entzündung von Grubengas (Methan) ausgelöst und waren gekennzeichnet durch eine hohe Opferzahl. Andere Formen von Grubenunglücken, die in allen Arten von Bergwerken auftreten können, sind Wassereinbrüche und Gasaustritte. Auch durch einstürzende Grubenbaue oder Bergschlag infolge von einbrechendem Deckgebirge können Bergleute verschüttet werden.
Für Bochum, das eine über 200-jährige Bergbaugeschichte vorweisen kann, sind seit den Anfangstragen neben kleinen auch schwere und schwerste Grubenunglücke belegt. Am 15. Januar 1868 ereignete sich auf Zeche Neu-Iserlohn in Langendreer das bis dato furchtbarste Unglück des westfälischen Bergbaus. „Schlagende Wetter“ hatten sich entzündet, die Explosion brachte 81 Bergleuten den Tod. 27 ruhen auf dem Friedhof in Langendreer in zwei Massengräbern.
Als der Kaiser nach Gerthe kam
Überregionales Aufsehen erregte das Grubenunglück vom 8. August 1912 auf Zeche Lothringen 1/2 in Gerthe: Kaiser Wilhelm II. hielt sich wegen der 100-Jahr-Feier von Krupp gerade im Ruhrgebiet auf und besuchte kurzentschlossen die Zeche, um den Überlebenden zu kondolieren. 115 tote Bergleute waren zu beklagen. Als Auslöser gilt die Entzündung schlagender Wetter infolge unsachgemäßer Schießarbeit (Sprengung). Die meisten Kumpel starben an Ort und Stelle am Unglücksort auf der 3. Sohle im Nordwestfeld.
Tödliche Gefahren im Berg
Grubenunglücke betrafen die Belegschaften der Zechen ebenso wie die Angehörigen der Verunglückten, aber auch die Gemeinschaft jener, die rund um den Pütt wohnten, und für die er Arbeitsstelle und Bezugspunkt des sozialen Lebens war.
Entsprechend groß war die Anteilnahme auch in Gerthe, wie eine Zeitungsnotiz von 1912 belegt: „Vor dem Haupteingang der Zeche aber staute sich eine gewaltige Menschenmenge. (...) Vor dem Lampengebäude halten die Krankenwagen, die auf die Überführung der schwer verletzten Leute in das Bergmannsheil harren. Mehrere Bergleute mit leicht verbundenen Köpfen gehen an uns vorüber. Sie sind glimpflich davongekommen.“
An der Trauerfeier nahm die ganze Stadt Anteil, zur Beisetzung kamen 15 000 Menschen. Trauer und Gedenken gingen mit den Grubenunglücken einher. Auf vielen Friedhöfen zwischen Langendreer und Wattenscheid gibt es Ehrengräber für verunglückte Kumpel. Sie zeugen bis heute von der dunklen Seite Bochumer Bergbaugeschichte. Und den tödlichen Gefahren, die mit der Arbeit im Berg verbunden waren.