Querenburg. . Wanderausstellung „Schau mich an“ im Flüchtlingsbüro Süd auf dem Backenberg angelaufen. 20 Portraits und Interviews von Asylsuchenden auf Bannern.
Der Besucher kann sich der Aufforderung nicht entziehen, der Name ist Programm: „Schau mich an!“ verlangt die Ausstellung von 20 großformatigen Bannern im Flüchtlingsbüro auf dem Backenberg. Und die Geschichten und Schicksale der Menschen bekommen ein Gesicht.
Das Thema „Flucht und Integration“ rückt so näher, wird bewusster. Den Anstoß bekam der Asylkreis in Haltern, erzählt Ute Erler bei der Eröffnung, mit den Vorfällen in der vorletzten Silvesternacht in Köln, und zwar von den Flüchtlingen selbst. Nebenbei: Dort sind es aktuell 680 Geflüchtete, 38 000 Einwohner hat die kleine See-Stadt.
Jesiden wollen auf ihr Schicksal aufmerksam machen
Und der Wunsch, an die Öffentlichkeit zu treten, keimte vor allem bei den Jesiden innerhalb der Flüchtlinge Halterns, die auf das Schicksal ihrer Volksgruppe in diesem zeitlichen Zusammenhang noch einmal aufmerksam machen wollten, auf Massenvergewaltigungen und Versklavung im Zug des Irak-Krieges.
Begleitet wurde diese Kampagne von der WAZ-Lokalausgabe in Haltern, die regelmäßig die Interviews veröffentlichte, und das Portrait-Projekt des Asylkreises wurde zum Selbstläufer. Professionelle Studiofotos, Gestaltung und Finanzierung wurden unterstützt, die Ausstellung auf die Reise geschickt, um Öffentlichkeit zu schaffen. Inzwischen ist sie schon mit einigen Preisen ausgezeichnet worden, unter anderem vom Bistum in Münster.
Entstanden in Haltern, zu sehen in der Hustadt
Die Wanderausstellung dokumentiert das Portraitprojekt des Asylkreises Haltern. Interessenten wenden sich an Gerburgis Sommer, gesicht-einer-flucht@gmx.de, www.gesicht-einer-flucht.de
Im Gebäude des Evangelischen Hustadtzentrums/Flüchtlingsbüro Süd ist sie bis zum 7. Juni zu sehen, montags bis freitags von 15 bis 17 Uhr, sonntags von 10.30 bis 12.30 Uhr oder nach Anmeldung, Tel. 95034903.
Biblische Geschichten
Noch näher heran rückte Pfarrer Christian Zimmer von der evangelischen Kirchengemeinde in seiner Begrüßung das Thema. Denn die Portraitierten stammen nicht nur aus den aktuellen Flüchtlingsländern, sondern zum Beispiel auch aus Oberschlesien.
Zimmer erinnerte daran, dass auch die Bibel Fluchtgeschichten enthält, wie die von Stammvater Abraham oder schließlich die vom Exodus, dem Auszug des israelischen Volkes aus Ägypten.
Ruhrgebiet hat seine ganz eigenen Erfahrungen
Vor allem sprach er auch die Schicksale der Menschen in und nach dem zweiten Weltkrieg an. „Das Ruhrgebiet hat immer schon Flüchtlinge und Einwanderer gekannt“, seine eigene Mutter sei 1941 in Ostpreußen geboren, und so habe er die Haltung in der Flüchtlingsfamilie „bloß nicht auffallen“ und „anderen nicht zur Last fallen“ auch selbst erlebt. „Niemand gibt gern alles auf, was er hat, das ist nur die letze Möglichkeit“, schloss er mahnend.
Ute Erler streifte vor dem Gang durch die Ausstellung die Veränderung der Haltung, wie aus der „Willkommenskultur“ durch die Übergriffe in der Kölner Silvesternacht Angst entstand, Flüchtlinge sich „komisch angeguckt“ fühlen mussten. Indem sie sich hier nun mit Bild und Lebensgeschichte vorstellten, begegneten sie der Barriere „was man nicht kennt“. Die Bilder mit dem Blick, der den Betrachter einfängt, bleiben im Kopf, die Flucht bekommt ein Gesicht.