Bochum. . Bochum galt einst als größte Bergbaustadt des Kontinents. Damals prägten Großzechen wie Dannenbaum oder Robert Müser Wirtschaft und Leben.

Die Zeiten, als sich in Bochum die Förderräder munter drehten und der „Pulsschlag aus Stahl“ in Form der Arbeitsgeräusche aus den Werken und Fabriken allgegenwärtig war – sie sind lange vorbei.

Kaum zu glauben, dass es vor zwei Menschenaltern im Wortsinn „an jeder Ecke“ ein förderndes Bergwerk gab. 1929 galt Bochum mit über 70 Schachtanlagen als die zechenreichste Stadt in Europa.

Viele Zechen sind bis heute im Bewusstsein

Jeder Stadtteil, jeder Ortsteil hatte „seinen“ Pütt, der für Lohn und Brot, aber auch für harte Arbeit stand. Zeche Dannenbaum in Laer/Altenbochum, Zeche Bruchstraße in Langendreer, Zeche Friedlicher Nachbar in Linden, Zeche Centrum in Wattenscheid: viele Namen der alten Zechen sind bis heute im Bewusstsein.

Manchmal sind Gewerbegebiete, die auf den ehemaligen Bergbauflächen entstanden, nach ihnen benannt, manchmal Straßen. Die Zeugnisse der Kohle, die Bochum und Wattenscheid über einen Zeitraum von mehr als 200 Jahren hinweg prägte, sind dagegen zum größten Teil verschwunden.

Hochburg der Kohleindustrie

Dass Bochum zu einer solchen Hochburg der Kohleindustrie werden konnte, hat mit der geografischen Lage der Stadt zwischen dem Ruhr- und dem Emschertal zu tun. Die Kohleflöze kommen an der Ruhr bis an die Tagesoberfläche – was den Aufbau einer frühen Industrie dort ebenso begünstigte wie der naheliegende Transportweg übers Wasser.

Die Kohleflöze senken sich in Richtung Norden immer weiter ins Erdinnere ab. Deshalb mussten Tiefbauschächte entwickelt werden, die erstmals im Bochumer Raum Teufen von 600 bis 800 Metern erreichten.

Der erste Schacht, der jene, die „tiefe“ Kohle überlagernde, kompakte Mergeldeck durchstieß, wurde Anfang des 19. Jahrhunderts in Werne auf Zeche Vollmond niedergebracht. Spätestens bis zur Jahrhundertwende 1900 war das Stadtgebiet bis zum heutigen Nordrand in Riemke, Gerthe und Hordel bergbaulich entwickelt. Es war die Zeit, in der die Schlote noch rauchten. Sie brachte Ruß und Schmutz, aber auch Einkommen und einen bescheidenen Wohlstand für Viele.

Verbund von Schachtanlagen

Die Kohle-Industrie hatte sich rasant entwickelt. Die in den ersten Jahrzehnten vergleichsweise überschaubaren Bergwerke wurden ab den 1920er Jahren aus Rentabilitätsgründen zu Großschachtanlagen verbunden, ein Trend, der überall in Ruhrgebiet zu beobachten war.

Für diese Ära stehen in Bochum Zechennamen wie Robert Müser, Constantin, Präsident, Lothringen, Holland oder Hannibal.

Der markante Hammerkopf-Förderturm der Zeche Hannibal auf einer Zeichnung des Bergbau-Malers Wolfgang Schlott.
Der markante Hammerkopf-Förderturm der Zeche Hannibal auf einer Zeichnung des Bergbau-Malers Wolfgang Schlott.

Die Konkurrenz der Bergbauunternehmen untereinander war groß, was für einen ständigen Modernisierungsschub sorgte; „Mechanisierung unter Tage“, lautet hier das Stichwort.

War anfangs die Kohle noch mit Schlägel und Eisen aus dem Berg geschlagen und durch Muskelkraft zum Schacht gefördert worden, so brachte die Technik mehr und mehr Abhilfe für die malochenden Kumpel: automatisierte Strebförderung durch Schüttelrutschen, der Einsatz von Abbauhämmern (Pressluft) und eine immer weiter verbesserte Schachtförderung durch eine ausgereifte und wirtschaftlichere Treibscheibenförderung prägten die Arbeit im Pütt bis in die 1950er Jahre hinein.

„Hammerkopftürme“ sind besondere Entwicklung

Eine besondere Entwicklung stellten die ab den 1920er Jahren gebauten „Hammerkopftürme“ dar. Deren Fördermaschinen befanden sich nicht in einem separaten Gebäude, sondern saßen in einem verklinkerten, geschlossenen Raum auf dem Kopf des Stahlgerüstes, der über dessen Ränder hinausragte. Ein beeindruckendes Beispiel dafür bot die Zeche Hannibal in Hofstede.

Der druckluftbetriebene Abbauhammer zählte in den 1950er Jahren zur Standardausrüstung der Kumpel unter Tage.
Der druckluftbetriebene Abbauhammer zählte in den 1950er Jahren zur Standardausrüstung der Kumpel unter Tage. © DBM

Firmen wie Eickhoff, Flottmann oder Wedag siedelten in Bochum als wichtige Zulieferindustrien für die Belange des Bergbau. Sie standen ebenso für die Kohlestadt Bochum wie jener Werbeslogan, den in den 1950er Jahren jedes Kind kannte: „Bochums Dreiklang, merk’ ihn Dir: Kohle, Eisen, Schlegel-Bier!“ Dass die „Kohle“ zuerst genannt wird, hat nicht nur phonetische Gründe. 40 000 Menschen waren in jenen letzten Hoch-Zeiten im hiesigen Bergbau beschäftigt.

Bedeutende Montan-Firmen

Unternehmen wie die Bochum-Gelsenkirchener Bergbau AG, die Harpener AG, der Eschweiler Bergwerksverein, aber auch bedeutende Montan-Firmen wie Krupp (Zeche Hannover) oder der Bochumer Verein (Zeche Präsident) waren wichtige Arbeitgeber, die personalstarke, durchorganisierte Großbetriebe mit hierarchischer Leitung und weitgehender Arbeitsteilung hervorgebracht hatten.

Ihr Anteil machte neben der Stahlindustrie bis zu Beginn der 1960er Jahre das Gros der Bochumer Wirtschaftsleistung aus.