Bochum. . Der Aufschwung im Handwerk hält weiter an, die Auftragsbücher sind in vielen Gewerken prall gefüllt. Das Nachwuchsproblem wird immer drängender.

Der Aufschwung im Bochumer Handwerk hält an. Vor allem die Belebung des Wohnungsbaus sorgt für volle Auftragsbücher. Die Betriebe suchen immer mehr Mitarbeiter. Doch die sind kaum zu finden. „Da rast was auf uns zu“, warnte Kreishandwerksmeister Michael Mauer in dieser Woche bei der Vorlage des Frühjahrsberichts.

Mit Rekordzahlen wartet die jüngste Statistik der Kreishandwerkerschaft Ruhr auf. „Das Allzeithoch vom Herbst 2017 hält weitgehend an“, konstatiert Tobias Pütter von der Handwerkskammer Dortmund. Neun von zehn Betrieben, die sich an der Frühjahrsumfrage beteiligten, bewerten ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend. 95 Prozent sind zuversichtlich, dass sich dies in den nächsten Monaten zumindest nicht verschlechtern wird. Knapp jeder Dritte geht davon aus, dass die Zahl der Aufträge im kommenden Halbjahr weiter steigt. Das zeigt sich auch beim Personalbedarf: 21 Prozent der Betriebe möchten zusätzliche Stellen schaffen: so viele wie nie in den letzten zwölf Jahren.

Bedrohliche Entwicklungen in den Belegschaften

„Genau das ist unser Problem“, sagt Michael Mauer. So erfreulich es sei, dass weite Teile des Handwerks als Folge der nachhaltig guten Wirtschaftslage mit Arbeit mehr als eingedeckt sind, so bedrohlich seien die Entwicklungen in den Belegschaften. „Prima, dass 21 Prozent der Firmen Neueinstellungen planen. Nur: Wo sollen die Mitarbeiter herkommen?“, fragt der Kreishandwerksmeister.

Insbesondere im Nahrungsmittelhandwerk, bei den Dachdeckern, Kälteanlagenbauern und Tischlern seien die Engpässe massiv. In der Heizungs- und Sanitärbranche werden erste Alarmmeldungen abgesetzt. „Kammerweit gibt es 1200 unbesetzte Jobs. 78 Prozent der Betriebe berichten von Problemen bei der Stellenbesetzung“, bekräftigt Tobias Pütter.

Durchschlagende Lösungen fehlen

Durchschlagende Lösungen? „Haben wir leider nicht“, räumt Mauer ein. Nachwuchs müsse her. Mehr denn je. Doch Lehrstellen im Handwerk sind immer häufiger Leer-Stellen. Inzwischen schalten Firmen Hörfunkspots, um Jugendliche zu gewinnen. Auch am anderen Ende passiert etwas: Dass Mitarbeiter, die demnächst das Rentenalter erreichen, mehr oder wenig innig gebeten werden, doch noch das eine oder andere Jahr dranzuhängen, sei „längst kein Einzelfall mehr“, schildert Johannes Motz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft.

Bau- und Ausbaugewerbe profitieren

Von der guten Wirtschaftslage profitieren laut Kreishandwerkerschaft vor allem das Bau- und Ausbaugewerbe. Gerade hier sind auch die Erwartungen mit Blick auf den verstärkten Wohnungsbau besonders groß.

Die gute Lage im Handwerk zeigt sich auch bei den Ausgaben der Firmen. In der Frühjahrsumfrage kündigten 88 Prozent der Betriebe für die kommenden Monate gleichbleibende oder steigende Investitionen an.

Weniger rosig wird die Situation dagegen im Gesundheitshandwerk (unter anderem Zahntechniker, Orthopäden) gesehen. „Gedämpft“ sei außerdem die Stimmung ob der Diesel-Krise in der Kfz-Branche, beobachtet die Handwerkskammer.

Dass sich Kunden auf längere Wartezeiten und höheren Rechnungen ihres Handwerkers einstellen müssen, ist nicht ausgeschlossen. Anders als in der Industrie und bei vielen Dienstleistern stoße die Digitalisierung im Handwerk an ihre Grenzen, weiß Mauer. „Wir sind auf Mitarbeiter angewiesen. Wir können den Nagel schlecht mit dem Laptop in die Wand hauen.“ Dabei sei vorgezeichnet, dass die Löhne für die Beschäftigten alsbald deutlich steigen müssen und werden. Die Gehaltslücke zwischen Akademikern und Handwerker werde sich weiter schließen, glaubt der Kreishandwerksmeister – und irgendwann ganz verschwinden.